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Die Schlacht von Lemberg 053
31. Aug. Aufregungsvoller Tag. Reko-
gnoszierungsritt mit Oberstleutnant
gegen Norden, Windmühlen, neue
Stellung. (Abb. 30)
Bei Bildstock an der Straße nördlich
Poturzyn kommen wir plötzlich in hef-
tiges Artilleriefeuer. Wütender Kampf
um den nördlichen Wald; Kampf wird
schon vorgetragen, als Rückzugsbe-
fehl: S. H. D.14 soll bis zum letzten Mo-
ment ausharren falls feindl. Überfäl-
le. Wie sich Feind zeigt unter heftiges
Feuer nehmen, zurückgehen erst mit
der Infanterie. Bis 2 Uhr wird das Feu-
er gegen einzelne Räume streuend ge-
richtet. Sodann trat eine Gefechtspause
ein, dauert bis 6’30 n.m. Lange Abferti-
gung zufolge welcher nach Nowosielki
zu marschieren und am Waldrand Park-
und Lagerplatz zu beziehen ist.
Am 1. September meldet Rolf ohne weiteren Kommentar seine Beförderung zum Or-
donanzoffizier, um dann den weiteren Verlauf der Kampfhandlungen zu schildern. Die
Hinweise auf Verluste und Gefahren werden dabei noch nüchterner formuliert. Auffal-
lend ist, dass Rolfs Sachlichkeit in der Darstellung keinen Unterschied zwischen Verwun-
deten und Toten der eigenen Reihen und jenen des Feindes kennt: So fern von jedem
Gefühlsausbruch Rolf in der Regel bei der Schilderung der eigenen Kameraden ist, so
frei von persönlicher Verachtung oder Chauvinismus ist er auch bei der Erwähnung der
feindlichen Soldaten. Fast immer stellt er die Verluste in einen analytischen Zusammen-
hang mit der Wirkung der eingesetzten Waffen oder mit den topografischen Bedingun-
gen der Kampfhandlungen, und speziell der Analyse der eigenen Artillerietätigkeit wid-
met er immer wieder breiteren Raum. Damit gelingt Rolf eine persönliche Distanzierung
sogar in jenen Passagen, in denen er seinem Tagebuch die katastrophale Wirkung der
eingesetzten Geschosse anvertraut.
1. Sept. 6 Uhr v.m. Befehl S. H.14 in Trab zum Meierhof Suszow vor. Dortselbst Ver-
teidigungsstellung gegen Norden. [
… ] Es entspinnt sich nun ein hartnäckiger Artille-
30 Generalstab bei der Windmühle
nördl. von Liski
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273