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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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»Durch Landesbewohner verraten« 061 28. Aug. Um 10 Uhr n.m. falscher Alarm (  wir lagen schon in einem Strohschober  ) daß Kosaken hier seien; in allen Richtungen wird geschoßen; die Division bleibt jedoch voll- kommen ruhig. Die Trains, die abends die Straßen nach Przewodow füllten kommen in voller Flucht zurück, die eigene Kavallerie wird allseits beschoßen, Herden losge- rissener Pferde jagen an uns vorüber. Nach einer Stunde wird Ruhe und alle Offiziere ar- beiten die Nacht, um ihre Abteilungen wieder zu versammeln und die Abgänge festzu- stellen. Kosaken sollen gar nicht gewesen sein, es scheint, daß die Panik durch gekaufte Trainfuhrleute und Spione mit Absicht hervorgerufen wurde. Die katastrophalen Folgen dieser Aktion erfährt man aus Rolfs Tagebucheintragung vom 29. August: Am Marsch [  nach Przewodow  ] schauerliche Bilder; ein großer Hilfsplatz auf offenem Felde mit zahllosen Verwundeten; einzelne Todte auf den Feldern; ringsum liegen tod- te Kavalleriepferde in den Feldern; neben der Straße und in den Gräben zertrümmer- te Bauernwagen, Fahrküchen, zerbrochene Materialien und einzelne Waffen; alles von der nächtlichen Szene. Wurden vermeintliche Verräter gefasst, so wurden sie ohne Prozess und damit unter Missachtung des bestehenden Völkerrechts sofort erhängt oder erschossen.11 Auch über diese Vorgehensweise berichtet Rolf in gewohnt distanzierter, sachlicher Haltung. Weder lassen seine Formulierungen Rückschlüsse darauf zu, wie er als akademisch ge- bildeter Architekt oder als Offizier moralisch zu dieser Vorgangsweise der k. u. k. Armee stand, noch werden Aggressionen oder Wut gegenüber der heimischen Bevölkerung an- gesichts der ständigen latenten Bedrohung spürbar. Selbst in diesen menschlichen Ext- remsituationen bleibt Rolf also der nüchtern-ausgewogene Chronist der Ereignisse um ihn her. Am 30. August vermerkt er in seinem Tagebuch: »Vormittags beim Durchmarsch durch Liski wurden eben 6 Spione (  darunter auch Weiber  ) erhängt und sofort einge- scharrt; Feuer aus Häusern  !« Bereits am 1. September berichtet er wieder über einen ähn- lichen Vorfall: »Frühmorgens werden in Nowosielki 3 Spione erhängt«. Von einer gleich- sam ungewollten Sanktion schreibt er am gleichen Tag: »Bei der Beschießung des Raumes nördlich Poturzyn soll eine Ekrasit-Granate in eine Gruppe von Ortsbewohnern, die an der nördlichen Ortslinie versammelt waren, um den Russen optische Signale zu geben, 11 In der Haager Landkriegsordnung 1907 heißt es in Art. 31: Der auf frischer Tat ergriffene Spi- on kann nicht ohne vorausgegangenes Urteil bestraft werden.
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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