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Kriegsgefangenschaft 098
10. Juni Gegen 8h v.m zum Etappenkommando, wo wir 1 R 50 erhalten und auf 4 Wa-
gen abgehen. Große Bewegungen auf der Straße. [ … ] Gegen Abend in Szamosz. Wie-
der in Kaserne mit Mannschaft zusammen untergebracht. Nichts zum Essen, kein Was-
ser zum Waschen.
11. Juni Mittags erstes Essen in einem Gasthaus. Dann Einwaggoniert auf offenem Low-
ri [ Lore ? ] einer schmalspurigen Bahn. Abends an in Krasnostaw in Kaserne einquartiert.
12. Juni Mittags im Restaurant. Nachmittags ab auf offenen Lowris einer Feldbahn. Alter
Oberst in Krasnostaw einziger Offizier der anständig war. Abend an in Cholm [ = Chelm ].
Kaserne untergebracht.
13. Juni Gegenüber Etappengericht. Interessante Szenen, viele Offiziere, 2 Bataillone. Ge-
drückte, die an die Front zurückgeschickt werden. Abend einwaggoniert in Cholm nach-
dem wir 6 Stunden am Bahndamm gestanden.
14. Juni Früh morgens an in Kowel in leerem Haus untergebracht. Kommandant nicht zu
sehen und nicht zu sprechen. Weder Essen noch Geld erhalten.
Von Kowel ging der Transport der Gefangenen nach Kiew, wo sich eine Station der Trans-
sibirischen Eisenbahn befand. Alle Gefangenen wurden in zwei Sammellagern zusam-
mengeführt, bevor die Aufteilung in die verschiedenen kleineren Lager im Landesinne-
ren bzw. in Sibirien erfolgte. Die Kriegsgefangenen der russischen Nordwestfront, das
waren vor allem deutsche Militärangehörige, wurden in ein Sammellager nahe Moskau
befördert, während die österreichisch-ungarischen Offiziere und Mannschaften, die an
der russischen Südwestfront gekämpft hatten, nach Kiew, auf eine wenige Kilometer au-
ßerhalb der Stadt gelegene Festung gebracht wurden.
Auf der Bahnfahrt von Kowel nach Kiew wurde Rolf wieder mit Versorgungsproble-
men konfrontiert. Prinzipiell sollten die gefangenen Offiziere die Gelegenheit haben, sich
in den Bahnhöfen mit Essen zu versorgen. So wird auch verständlich, dass Rolf – selbst
in seinen knappsten Tagebucheintragungen – immer den Erhalt des Geldes, der »Gage«,
vermerkt, bildeten diese Auszahlungen doch die wichtigste Voraussetzung, um die Ge-
fangenschaft überleben zu können. Allerdings erhielten die Gefangenen häufig entweder
doch kein Geld, oder sie wurden von der Wachmannschaft gehindert, in den Stationen
auszusteigen, um sich Nahrung zu besorgen. Stattdessen boten sich dann die Wächter
an, Essen herbeizuschaffen – um einen derart überhöhten Preis, dass sich das letztlich
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273