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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 226 -
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Seite - 226 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten

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China 226 deuteten die Teeeinladungen für deren Ehefrauen eine wichtige Abwechslung in ihrem ansonsten wohl recht eintönigen Leben. Denn alle hatten reichlich Hauspersonal bis hin zu Kinderfrauen und daher viel freie Zeit, die sie scheinbar kaum mit sinnvollen Tätigkei- ten auszufüllen wussten. Hermine berichtet einmal in einem ihrer Briefe, dass sie nach ihrer Rückkehr aus Peitaiho bis zu 50 Einladungen zum Tee wahrnehmen bzw. ausspre- chen müsse, was sie als große Belastung empfand, nicht zuletzt, da sie ja ihre Konver- sationspartnerinnen aus tiefster Seele verachtete. Gestaltete sich der Kontakt von Rolf und Hermine zu den Landsleuten letztlich auf- grund der Milieuunterschiede schwierig, so war Hermine bezüglich der chinesischen Be- kanntschaften immer wieder über die Mentalitätsunterschiede irritiert und erlebte die Begegnung mit fremden und befremdenden Sitten und Gebräuchen wiederholt als Kon- frontation. Auch in diesem Fall darum bemüht, Einladungen möglichst zu umgehen, war dies doch insbesondere dann unmöglich, wenn diese von Mr. Tschang, einem wichtigen und reichen chinesischen Geschäftspartner der Firma Yuen Fu, ausgesprochen wurde. Die Einladung schloss auch Rolfs Geschäftspartner und deren Frauen mit ein und sah ein Essen in einem der bekanntesten chinesischen Restaurants mit einem anschließen- den Opernbesuch vor. »Es war strapaziös in jeder Hinsicht«, schreibt Hermine im Februar 1922 an ihre El- tern. »Zu einem sogenannten chinesischem Essen gehört ersteinmal ein anderer Ma- gen als der meinige.« Mr. Tschang – er blieb ein lebenslanger Verehrer Rolfs – erschien mit seinen zwei Ehefrauen und seiner Tochter, und jeder wurde eine der eingeladenen Frauen zur speziellen Betreuung zugeteilt, wobei Hermine die Tochter zugewiesen be- kam, die »mir unentwegt tapfer von all den Dingen auf meinen Teller [  lud  ]«. Ohne grö- ßere Unterbrechungen wurden laut Hermines Bericht von einer Reihe von Kellnern ca. ein Dutzend Vorspeisen und etwa zwanzig Hauptgerichte aufgetragen. Zum Abschluss gab es mehrere Nachspeisen. Hermines Betreuerin »Tai-Tai« sorgte dafür, dass sie von jedem Gericht probierte, wodurch sie viele äußerst schmackhafte Entdeckungen mach- te, wie Hermine zugesteht, besonders die Suppen, die aus Schwalbennestern sowie aus Haifischflossen zubereitet wurden, sind ihr offenkundig sehr positiv in Erinnerung ge- blieben. Allerdings stellt sie gleichzeitig kritisch fest: »Die Suppe kommt mitten auf den Tisch, und alles fischt mit seinem Löffel heraus. Kurzum es war gottvoll und es gehört in jeder Beziehung ein guter Magen dazu«. Eine Episode schildert Hermine ihren Eltern, über die sie und Rolf im Nachhinein selbst immer wieder gelacht haben dürften. Da der Abend mit dem Essen nicht zu Ende war, bestand natürlich das Bedürfnis, eine Toilette aufzusuchen. Daraufhin wurden die Damen in einen großen Raum geleitet, an dessen Wänden einige Klubsessel standen und Spiegel hingen. Hermine schreibt, dass sie einigermaßen entsetzt war, als sie feststellen
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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