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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 239 -
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Sehnsucht nach Österreich 239 Nichtsdestotrotz fühlte sich Rolf all die Jahre, die er in China lebte, seiner Familie in Wien und generell seinem Heimatland sehr verbunden, und die familiären Beziehungen sowie sonstige mit der Heimat gepflegte Kontakte waren ihm sehr wichtig. Nachdem der Wunsch aller Familienmitglieder nach einem Wiedersehen immer drin- gender wurde, plante Rolf im Jahr 1929 endlich eine Reise nach Europa. Die Welt, nach der Hermine unverhohlen und Rolf insgeheim Heimweh hatte, war jedoch längst nicht mehr dieselbe, die sie einige Monate später wirklich besuchen sollten. Als Rolf im Jahr 1913 seiner Frau nach Bukarest gefolgt war, war sein Heimatland die österreichisch-unga- rische Monarchie, ein Vielvölkerstaat mit einer Fläche von rund 700.  000 km2 und mit rund 53 Millionen Einwohnern gewesen. Bukarest hatte die Hauptstadt des Königreichs Ru- mänien gebildet, das unmittelbar an Siebenbürgen, Teil der Habsburgermonarchie und Herkunftsland von Hermines Eltern, angrenzte. Im Ersten Weltkrieg schlug sich Rumä- nien auf die Seite der Entente, sodass sich Rolf und Hermine plötzlich als Bürger zweier verfeindeter Länder und dementsprechenden Vorurteilen konfrontiert sahen. Nun aber, als die Reise geplant wurde, erwartete die beiden eine grundsätzlich geänderte Situati- on. Einerseits gab es die »Republik Österreich«, die nach dem Ersten Weltkrieg im Ver- trag von Saint-Germain auf die Fläche von rund 84.  000 km2 und 6 Millionen Einwohner reduziert worden war, andererseits hatte sich Hermines Heimat zu »Großrumänien« ent- wickelt, das sich flächenmäßig verdoppelt hatte und nun seinerseits zum Vielvölkerstaat geworden war. Zwischen den ehemaligen Nachbarstaaten lag der unabhängige Staat Ungarn. Bedingt durch die verheerenden Auswirkungen des Ersten Weltkrieges befan- den sich damals alle ehemals am Krieg beteiligten Staaten in einer Wirtschaftskrise von unvorstellbarem Ausmaß, und eine erhebliche Inflation sowie eine immens hohe Arbeits- losigkeit bereiteten sowohl in Österreich als auch in Rumänien den Boden für politische Unruhen und schließlich den Zweiten Weltkrieg. Rolf und Hermine beschlossen, die Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn anzu- treten. Nachdem diese Linie während des russischen Bürgerkrieges über weite Strecken zerstört worden war, war sie ab Mitte der 1920er-Jahre wieder hergestellt worden, wo- von nicht nur der Briefverkehr profitierte – Pakete wurden allerdings erst ab dem Jahr 1937 befördert –, sondern auch der Personenverkehr, da sich die Dauer einer Reise nach Europa im Vergleich zu einer Schiffsreise erheblich verkürzte. Als Rolf und Hermine sei- nerzeit mit dem Schiff von Europa nach China reisten, waren sie rund sieben Wochen unterwegs gewesen, während die Fahrt mit dem Zug nun rund zwölf Tage in Anspruch nehmen sollte. Es ist schwer vorstellbar, welche Gedanken Rolf auf dieser Bahnfahrt be- schäftigt haben müssen – als er Tag um Tag Strecken bereiste, die er bereits mehr als zehn Jahre zuvor als Kriegsgefangener in Viehwaggons zurückgelegt hatte und die ihn nun in die Gegenrichtung und als freien Mann mit Frau und Kindern in die Heimat führ-
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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