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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
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Sehnsucht nach Österreich 241 nen Wirkungskreis nach Bukarest oder Wien verlegen sollte  ? Die wirtschaftliche Situ- ation in Europa erstickte diesbezügliche Erwägungen wahrscheinlich im Keim. Es gab kaum Bauaufträge, und viele Architekten in Österreich konnten sich allenfalls mit dem Entwurf von Möbeln und der Planung von Wohnungseinrichtungen über Wasser halten. Dem stand das erfolgreiche berufliche Engagement Rolfs in Tientsin gegenüber, seine – teils sehr renommierten – Aufträge, wie etwa das Spital in Tientsin, sowie seine Baufir- ma als wichtige Einnahmequelle, die Rolf wohl kaum leichtfertig aufgeben wollte. Aller- dings dürfte als Folge des Österreich-Aufenthaltes eine mögliche Rückkehr dann doch ein Thema gewesen sein – vielleicht erst nach der Ankunft in China, vielleicht aber schon als Ergebnis der familiären Gespräche in Wien. Jedenfalls wird Rolf die Frage, auf wel- che Art und Weise eine Rückkehr familiär und wirtschaftlich am besten vorbereitet wird, in den nächsten Jahren vermehrt beschäftigen, wie weiter unten deutlich werden wird. Nach sechs Monaten Aufenthalt in Europa trat Rolf mit seiner Frau und den Kindern im Februar 1930 vorerst jedoch wieder die Rückreise nach China an. Da die Reise einen mehrmaligen Wechsel der Eisenbahnlinien notwendig machte und Anschlusszüge zum Teil erst nach mehreren Stunden zur Verfügung standen, mietete Rolf in zwei dieser er- zwungenen Aufenthaltsorte Hotelzimmer, wo seine Familie nach der tagelangen Bahn- fahrt ein paar Stunden Erholung finden sollte. Er selbst suchte hingegen beide Male ei- nen Eislaufplatz auf und genoss das »spiegelglatte, harte Natureis«. Unwillkürlich muss man an einen Brief von Rolfs Mutter denken, in dem sie ihren Sohn als Egoisten be- zeichnete. Denn Hermine litt seit der Abreise an einem schweren Darmkatarrh, sodass vom russischen Zugsführer sogar zweimal um einen Arzt telegrafiert werden musste, der dann in einer der Stationen nach ihr sah. Rolf jedoch hatte anscheinend keine Bedenken, ihr die Kinder, die gerade drei und fünf Jahre alt waren, in einem Hotelzimmer zu über- lassen, obwohl die Kinder mit Sicherheit nach der tagelangen Beengtheit in Zugabtei- len gleichfalls ausgiebige Bewegung im Freien benötigt hätten, während Hermine ver- mutlich lieber alleine die Ruhe in einem Hotelbett genossen hätte. Schließlich stieg die Familie in den Zug, der sie bis nach Tientsin zurückbrachte, und insbesondere Hermine wird sich gleichsam wieder wie »zu Hause« gefühlt haben. Rolf schreibt in dem bereits erwähnten Brief vom März 1930: »Diese Etappe, in der chinesi- schen Eisenbahn, war die einzige unangenehme. Garstiger, schmutziger Schlafwagen bei dem die Heizung nicht funktionierte, so dass wir übernacht Pelze und Mäntel anzie- hen und uns in die Decken und Plaids einwickeln mussten.« In Wien war Rolf auch mit seinem Bruder Remigius zusammengetroffen. Rolfs Mutter hatte mehrmals in Briefen berichtet, dass Remigius mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen habe, was einerseits zwar aufgrund der wirtschaftliche Lage verständlich, aber andererseits auch darin begründet war, dass Remigius – ganz Künstlerklischee – offen-
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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