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Die Auftragsvergabe |
33Allgemeines
zu Handwerker- und Künstlervert ägen
Allgemeines zu Handwerker- und Künstlerverträgen
Der Vertrag zwischen Abt Placidus Mally und seinem Tischlergesellen Thomas Schif-
fer ist relativ kurz. Trotzdem zeigt er beispielhaft, wie solche Abmachungen formal
aufgebaut waren und welchen Inhalt sie besaßen. Da es in diesen Verträgen von Natur
aus um Auftragsarbeiten mit vergleichbaren Anliegen ging, überrascht es nicht, dass
sich die Form der österreichischen Handwerker- und Künstlerverträge kaum von spät-
gotischen deutschen sowie renaissancezeitlichen oder barocken Verträgen aus Italien
unterschied21 – abgesehen von der Tatsache, dass die Vertragsparteien im Süden ihre
Urkunden meist notariell beglaubigen ließen, während es sich bei den hier untersuch-
ten Schriftstücken um Verträge handelt, die ohne juristischen Beistand aufgesetzt und
unterzeichnet wurden. Darüber hinaus vertrauten Auftraggeber und Künstler in Italien
die unterschriebenen Originale oft Notaren zur Archivierung an, die Vertragspartner
erhielten lediglich Abschriften.22 Bei uns wurden die Originalverträge dagegen in den
Archiven von Kirchen und Klöstern bzw. von den Handwerkern selbst aufbewahrt.
Inhaltlich bezieht sich eine Vielzahl der veröffentlichten italienischen Verträge auf
das Malen von Bildern oder das Schnitzen von Skulpturen, während die für die vorlie-
gende Studie herangezogenen österreichischen Urkunden im Zusammenhang mit der
Herstellung von Kirchenmöbeln ausgefertigt wurden. Vorbedingung für die Verträge
war der direkte Dialog zwischen Handwerkern und Auftraggebern, die Urkunden ba-
sierten auf der Grundlage mündlicher Absprachen und gegenseitigen Vertrauens.
Kunsthistoriker und Juristen diskutieren in Bezug auf italienische Urkunden seit
langem die Frage, wie solche Verträge rechtlich zu bewerten seien. Ging es den Auf-
traggebern in erster Linie um den Erwerb eines bestimmten Produkts für einen deter-
minierten Zweck oder standen die Arbeitsleistung eines berühmten Künstlers und der
Besitz eines seiner Werke im Vordergrund ?23 Im Zusammenhang mit der Produktion
von Kirchenmobiliar müssen wir beide Interpretationsmöglichkeiten in Betracht zie-
hen : Wenn der Dürnsteiner Propst Hieronymus Übelbacher (reg. 1710–1740) einen
anonymen Tischler aus der näheren Umgebung des ehemaligen Chorherrenstiftes mit
dem Bau einfacher Sakristeimöbel beauftragte, wird er von der Notwendigkeit geleitet
worden sein, den Raum mit Behältnismöbeln einzurichten. Wählte er jedoch gezielt
Hippolyt Nallenburg (1687–1733) aus St. Pölten für die Fertigung eines prachtvollen
neuen Chorgestühls für seine Stiftskirche, so ist von der zweiten Variante auszuge-
21 Zu spätmittelalterlichen Verträgen vgl. Huth, Künstler (1923), bes. 23–30.
22 Glasser, Artist’s contracts (1965), 21–59 ; Büscher, Künstlerverträge (2002), 48–71 ; O’Malley, Business
(2005), 3 ; Giometti, Formule (2010), 37.
23 Wackernagel, Lebensraum (1938), 256 ; Glasser, ebd., 6–7 ; Büscher, ebd., 74–77.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587