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Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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62 Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 vor von der jeweiligen Nation erkämpft worden, aber durch äußeren Druck oder innere Spaltung verloren gegangen waren.108 Viertens wurden die Bedrohungen, die im Vormärz über der Draht- ziehersemantik äußerer Mächte verhandelt wurden, in einen stärker als zuvor von Pangermanismen und Panslawismen abgekapselten Innen- raum der Monarchie verlagert. Die vor 1848 unterschwellig diskutierte Frage, ob die Monarchie eine deutsche Macht, eine dem Bildungsauf- trag deutscher Kultur verpflichtete Zivilisierungsanstalt sei, oder ein Slawenstaat, wurde seit der Revolution in aller Schärfe gestellt. Fünftens schließlich rückte die Zivilisierungsmission der Nation in den Vordergrund, das Motiv einer Nation, die ihre Nachbarn mit den Ideen der Freiheit oder der monarchischen Loyalität beglückte. Dieses Diffusionsmodell wurde in Infiltrations- und Unterwande- rungsängsten gespiegelt. Im Wettbewerb der Loyalitätsbeweise nach 1848 machte man häufig Eindringlinge, Anstifter und Aufwiegler aus den Nachbarvölkern für die bedauerlichen radikalen und revolutio- nären Umtriebe der eigenen Nation verantwortlich, die ihrem wahren Charakter widersprachen.109 Das geschah mittels zweier Argumen- tationstypen: Zum einen bediente man sich der Metaphorik des Ge- gendrucks, hier wurde der passive Charakter der eigenen nationalen Bestrebungen betont. Sie seien lediglich eine Reaktion auf die der Na- tion drohende Marginalisierung durch den innerhalb der Monarchie gepflegten »Staats-Spieltrieb« und »Puppenstubenimperialismus«110 108 Fillafer, Imperium oder Kulturstaat?, 48-49. 109 Vgl. den »madjaronischen«, also von magyarophilen Kroaten erhobenen Vorwurf, die Illyristen, namentlich Ljudevit Gaj und Janko Drašković, zielten auf eine Inkorporation der Militärgrenze in die zivilkroatische Verfassung und stünden unter russischem Einfluss. Siehe Eduard Zerpaks Bericht an Hofkammerpräsident Graf Gábor Keglevich vom Februar 1841, in: Gyula Miskolczy (Hg.), A horvat kérdés története és irományai a rendi állam korában [Geschichte und Dokumentation der kroatische Frage im Zeitalter des feudalen Staates], 2 Bde., Budapest 1928-1929, I, 596-600; vgl. Ludwig Gogolák, Beiträge zur Geschichte des slowakischen Volkes, 3 Bde., München 1963-1972, II, 34-36, 82. Kritisch auch ein anonymer Bro- schürist  – es handelt sich um Jan Erazim Vocel, Palackýs Nachfolger als Redakteur des Časopis Českého musea  – in seiner Schrift Slawen, Russen, Germanen. Ihre gegenseitigen Verhältnisse in der Gegenwart und Zukunft, Leipzig 1843, 25-26: Der slawische Adel »[…] aber war schwach […]; daher wußte ihn die ungarische Aristokratie bald auf ihre Seite zu bringen, und die Slawen blieben ohne alle Vertretung auf den Reichstagen«. 110 Robert Musil, Der Anschluß an Deutschland [März 1919], in: ders., Gesam- melte Werke, hg. v. Adolf Frisé, 8. Bde., Reinbek 1978-1981, VIII, 1033- 1042, 1036.
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Titel
Aufklärung habsburgisch
Untertitel
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Autor
Franz Leander Fillafer
Verlag
Wallstein Verlag
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Abmessungen
14.0 x 22.2 cm
Seiten
628
Schlagwörter
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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