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1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
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geltenden) Vorrang der âdeutschenâ ReichshĂ€lfte kundzutun: âErreicht wer-
den sollte die Stiftung eines politisch kulturellen GemeinschaftsbewuĂtseins
der verschiedenen âVolksstĂ€mmeâ der Monarchie als einer âVölkerfamilieâ mit
dem Kaiser in Wien als patriarchalischem Ăbervater.â192 Hier kann auch die
formale Leitung des ebenfalls politisch inspirierten GroĂprojekts âGesellschaft
zur Herausgabe von DenkmĂ€lern der Tonkunst in Oesterreichâ durch Hanslick
verortet werden, das elementare Funktionen zur gezielten Stiftung der öster-
reichischen NationalidentitĂ€t besaĂ.193
Hanslicks VMS-Traktat sowie dessen planvolle âReduktionâ der musikali-
schen Komposition auf Àsthetische Funktionen ohne alle sozialen, politischen
oder auch moralischen Implikationen sollte â neben methodischen Beweg-
grĂŒnden, die spĂ€ter separat erörtert werden (Kap. 2.1) â folglich partiell poli-
tisch gelesen werden. Wie Stachel richtig schreibt, wird dort die komplexe
FĂ€higkeit zur Ă€sthetischen Beobachtung als âindividuell erworbeneâ, âallge-
mein zugĂ€nglicheâ Kompetenz verstanden, welche somit nicht âvom sozialen
Standortâ oder ethnischen Hintergrund abhĂ€ngig sei: âDaĂ eine solche Kon-
zeption [âŠ] gerade in dem von nationalen Konflikten geschĂŒttelten habsburgi-
schen Staat mit Resonanz rechnen konnte, erscheint plausibel.â194 Somit wĂŒrde
also auch Hanslicks Ablehnung Richard Wagners zumindest teilweise aus des-
sen literarischen Publikationen resultieren, welche diverse Themen aus Phi-
losophie, Religion, Politik etc. autoritÀr erörtern und dabei einen politischen
Nationalismus offenbaren, der dem liberalen Weltbild Hanslicks unmittelbar
widersprach.195 Nicht Wagners Dramen, sondern vielmehr deren philosophi-
sche Voraussetzung, welche einen regelrechten âWagnerkultusâ herbeifĂŒhrte,
der Ă€uĂerst skurrile BlĂŒten treiben konnte196 und von der Wiener Kritik als die
192 Peter Stachel, ââMit WĂ€rme und lebhafter Anschaulichkeitâ. Eduard Hanslicks Anteil am
âKronprinzenwerkââ, in Antonicek/Gruber/Landerer, Hanslick zum Gedenken (wie
Anm. 10), S. 215â232, hier S. 225.
193 Ebda., S. 228f.; Barbara Boisits, âMusic as Monument: The DenkmĂ€ler der Tonkunst in
Ăsterreich; A Patriotic Activityâ, in Musical Culture & Memory, hrsg. von Tatjana
MarkoviÄ und Vesna MikiÄ, Belgrad 2008, S. 121â128; dies., âMusik als Denkmal. Zur
Geschichte der Editionen alter Musik in Ăsterreich im 19. Jahrhundertâ, in Alte Musik in
Ăsterreich. Forschung und Praxis seit 1800, hrsg. von Barbara Boisits und Ingeborg Harer,
Wien 2009, S. 109â134.
194 Stachel, ââKronprinzenwerkââ (wie Anm. 192), S. 230f.
195 Wilfing, âRichard Wagnerâ (wie Anm. 21), S. 170â175. Vgl.: Robert Anderson, âPole-
mics or Philosophy? Music Pathology in Eduard Hanslickâs âVom Musikalisch-Schönenââ,
in MT 154 (2013), S. 65â76, hier S. 66.
196 Siehe dazu etwa Edmund von Hagens Analyse Ueber die Dichtung der ersten Scene des âRhein-
goldâ von Richard Wagner, MĂŒnchen 1876, S. 170: âBlickâ auf, staubgeborenes Geschlecht,
zur sonnigen Höhâ! Dort in seliger Oede steht Plato, da steht Kant, da steht Schopenhauer.
Seht, da stehen sie, die einsamen Genien der Menschheit, allgewaltig, riesengroĂ. Alle
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423