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2. These und Exkurs: Hanslicks Methodik â Ăsthetik versus Kritik
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retische Ăberzeugung seines Prager Freunds Zimmermann, der die Hegelâsche
âVerwandlung der Aesthetik in Kunstgeschichteâ ĂŒberaus kritisch sah, die die
âGeschichte der Entstehung eines Werkesâ sowie dessen âĂ€sthetische[ ] Beurthei-
lungâ angeblich gleichsetze.368 In Hanslicks VMS-Traktat kann dann auch gele-
sen werden: âEs gehört heutzutage ein wahrer Heroismus dazu, dieser picanten
und geistreich reprÀsentirten Richtung entgegenzutreten und auszusprechen,
daĂ das âhistorische Begreifenâ und das âĂ€sthetische Beurtheilenâ verschiedene
Dinge sindâ (VMS, S. 94). Hanslick negiert hierbei nicht den âunlĂ€ugbare[n]
Zusammenhangâ, den die musikalische Komposition mit den spezifischen
Bedingungen ihres jeweiligen Zeitalters hat und dessen methodische Erfor-
schung von ihm âwohl berechtigt und ein wahrer Gewinnâ genannt wird, son-
dern mahnt einzig, âdaĂ ein solches Parallelisiren kĂŒnstlerischer SpecialitĂ€ten
mit bestimmten historischen ZustÀnden ein kunstgeschichtlicher, keineswegs ein
rein Ă€sthetischer Vorgangâ wĂ€re (VMS, S. 92). Hanslicks ResĂŒmee lautet dann
auch: âDie Ă€sthetische Untersuchung weiĂ nichts und darf nichts wissen von
den persönlichen VerhÀltnissen und der geschichtlichen Umgebung des Com-
ponisten, nur was das Kunstwerk selbst ausspricht, wird sie hören und glaubenâ
(VMS, S. 92f.). Ob hier aber â nach Sponheuers Interpretation â die musika-
lische SpezialĂ€sthetik in eine platonische IdeensphĂ€re von âzeitloser, weltent-
rĂŒckter GegenstĂ€ndlichkeitâ versetzt worden ist, kann weiterhin bezweifelt
werden.369
Denn historische Reflexionen werden damit von der Àsthetischen Wissen-
schaft keinesfalls vollstÀndig abgesondert, sondern vielmehr nur die Parameter
eliminiert, die von ihm als âmusikexternâ eingeschĂ€tzt wurden, da diese keine
âmusikalischen Bestimmungenâ reprĂ€sentieren (VMS, S. 82). Dass hier eine
nur methodische Unterteilung vorgenommen wird, die aus der objektiven
Ausrichtung von Hanslicks VMS-Traktat folgt, hatte schon Landerer aufge-
zeigt, der die Àsthetische Abhandlung auf die zunÀchst paradox wirkende Wen-
dung gebracht hat: âDas Schöne ist ein historischer Gegenstand, die Ăsthetik
ein ahistorisches Unternehmen.â370 Diese Formel meint jedoch keinen reduk-
tiven Ausschluss des historischen Musikaspekts aus der Àsthetischen Untersu-
chung, sondern vielmehr eine methodische Anlehnung an die positivistische
Naturwissenschaft und die nur annÀhernd erreichbare Vorstellung von rest-
368 Zimmermann, âAesthetik und Kritikâ (wie Anm. 360), S. 39.
369 Bernd Sponheuer, âZur Ă€sthetischen Dichotomie als Denkform in der ersten HĂ€lfte des
19. Jahrhunderts. Eine historische Skizze am Beispiel Schumanns, Brendels und Hans-
licksâ, in AfMw 37/1 (1980), S. 1â31, hier S. 29. Vgl.: Heinz, Geschichtsbegriff Musikwissen-
schaft (wie Anm. 117), S. 27.
370 Landerer, âĂsthetikprogrammâ (wie Anm.Â
19), S.Â
16. Vgl.: ders., Hanslick und Bolzano (wie
Anm. 27), S. 101f. und schon frĂŒher Abegg, Eduard Hanslick (wie Anm. 41), S. 165.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423