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2. These und Exkurs: Hanslicks Methodik â Ăsthetik versus Kritik
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Musik fĂŒr Hanslick âĂŒberhaupt weder die FĂ€higkeit noch die Aufgabe hĂ€tte,
GefĂŒhle zu erzeugenâ.404 Trotz allem gibt die oben zitierte Passage Hanslicks,
dass GefĂŒhle weder Inhalt noch Zweck von Musik seien, keine universale Be-
stimmung des musikalischen Kunstwerkes in Komposition, Reproduktion und
Rezeption, sondern schreibt einzig einen methodisch umgrenzten musikÀsthe-
tischen Anwendungsraum fest, den man mit seiner prinzipiellen Musikdefini-
tion keineswegs gleichsetzen darf.405 In Hanslicks Einleitung zur zweiten Auf-
lage (1858) wird diese elementare PrÀzisierung von ihm insbesondere konkre-
tisiert: âMan hat mir eine vollstĂ€ndige âPolemikâ gegen Alles, was GefĂŒhl ist,
aufgedichtet, wÀhrend jeder unbefangene und aufmerksame Leser doch un-
schwer erkennt, daĂ ich nur gegen die falsche Einmischung der GefĂŒhle in die
Wissenschaft protestireâ (VMS, S. 9).
Gleich darauf findet man die folgende Passage: âIch theile vollkommen die
Ansicht, daà der letzte Werth des Schönen immer auf unmittelbarer Evidenz
des GefĂŒhls beruhen wird. Aber ebenso fest halte ich an der Ueberzeugung,
daĂ man aus all den ĂŒblichen Appellationen an das GefĂŒhl nicht ein einzi-
ges musikalisches Gesetz ableiten kannâ (VMS, S. 10). Direkter Anlass dieser
nachtrÀglichen Richtigstellung waren EinwÀnde Hermann Lotzes, der Hans-
licks VMS-Traktat eine komplette Separation von GefĂŒhl und Musik vorhielt,
bei ihm die âGeringschĂ€tzung des subjectiven Eindrucksâ anprangerte406 und
abschlieĂend konstatierte: Der âletzte Werth, der durch keine Subsumption
mehr zu begrĂŒnden ist, wird immer wieder auf der unmittelbaren Evidenz des
GefĂŒhls beruhenâ.407 Diese beinahe wörtliche Entnahme, die die inkorrekte
Deutung der zentralen Hypothese Hanslicks verhindern sollte, ist wohl von
SchÀfke erstmals entdeckt worden.408 Strauà betonte dann auch korrekt,409 dass
Hanslick die vormalige Ăberschrift des zweiten Kapitels (âDie GefĂŒhle sind
nicht Inhalt der Musikâ) aus Ă€hnlicher Motivation zu âDie âDarstellung von
GefĂŒhlenâ ist nicht Inhalt der Musikâ Ă€nderte. Wie Hanslick eigens schreibt,
betrifft die konsequente Entkoppelung von GefĂŒhl und Musik entgegen gĂ€n-
gigen Deutungen also nicht alle kĂŒnstlerischen Eigenschaften der musikali-
schen Komposition, sondern ist auf eine eindeutig festgelegte Perspektive
beschrĂ€nkt: die objektive MusikĂ€sthetik, die von der âunverlierbaren Ueber-
404 Hermann Lotze, GrundzĂŒge der Aesthetik. Dictate aus den Vorlesungen, Leipzig 1884, S. 31f.
405 Zu diesen Punkten vergleiche ebenfalls: Wilfing, âTonally Moving Formsâ (wie Anm.Â
372).
406 Hermann Lotze, âRecension von Eduard Hanslick, Vom Musikalisch-Schönen. Ein Bei-
trag zur Revision der Aesthetik der Tonkunstâ, in Göttingische Gelehrte Anzeigen (05.07.â
07.07.1855), S. 1049â1068, hier S. 1056.
407 Ebda., S.Â
1055. Vgl.: Kleine Schriften, hrsg. von David Peipers, Leipzig 1891, Bd.Â
3, S.Â
204f.
408 SchÀfke, Eduard Hanslick (wie Anm. 21), S. 39f.
409 StrauĂ, VMS Teil 2 (wie Anm. 22), S. 92.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423