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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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sicherlich wichtigsten Exponenten der englischsprachigen Musikphilosophie
genannt werden, scheint Hurons Urteil besonders sprechend. Und für die ang-
loamerikanische Musikwissenschaft hält auch Benjamin Korstvedt fest, dass
Hanslick ein „foundational commentator[Â
] on nineteenth-century instrumen-
tal music“ gelten müsse.469
Wenn in den späteren Kapiteln zur Hanslick-Rezeption bei Kerman und
McClary (Kap. 4.2) oder auch bei Kivy und Davies (Kap. 5.3) eine detaillier-
tere Untersuchung der individuellen Perspektiven unternommen wird, die
die spezifische Motivation für die jeweilige Deutung Hanslicks klärt, deckt
dieses Kapitel allgemeine historische Sachverhalte ab, die einen ‚groben Pin-
sel‘ geboten scheinen lassen. Dies betrifft primär das Kap. 3.2, mit dem funda-
mentale Divergenzen des ‚deutschen‘ und des anglophonen Hanslick-Diskur-
ses demonstriert werden sollen, was die minutiöse Erörterung von einzelnen
Forschern sowie deren wissenschaftlichen Prädispositionen vorerst unnötig
macht. Das heißt aber nicht, dass spezifische historische Eigenarten der nun
erörterten Bewertung von Hanslicks VMS-Traktat in der nur skizzierten
‚deutschen‘ Diskussion übersehen wurden. Die recht frühe Kritik seiner ästhe-
tischen Abhandlung durch (unter anderem) Ambros, Adolph Kullak, Ferdinand
Laurencin-d’Armond, Friedrich Stade470 oder auch Friedrich von Hausegger,471
die von neudeutschen Argumenten charakterisiert war,472 muss klar anders
gelesen werden als die pejorativen Kommentare von musikalischen Hermeneu-
tikern wie Hans Heinrich Eggebrecht, der Hanslicks VMS-Traktat als „maßlos
überschätzt“ beurteilte.473 Dass aber auch die Wagner’schen Kritikpunkte bis
469 Benjamin M. Korstvedt, „Reading Music Criticism Beyond the Fin-de-siècle Vienna
Paradigm“, in MQ 94/2 (2011), S. 156–210, hier S. 192.
470 Zu Schriften gegen Hanslick siehe etwa eine parteiische Gesamtschau in Seidl, Vom Musi-
kalisch-Erhabenen (wie Anm. 14), S. 181–190. Vgl.: Printz, Würdigung Hanslicks (wie
Anm. 107), S. 18–49; Moos, Kant bis Hartmann (wie Anm. 104), S. 349–369; Deaville,
„Through History“ (wie Anm. 29), S. 17–21. Für Laurencins Streitschrift vergleiche
ebenfalls: Boisits, „Formauffassung“ (wie Anm. 339). Zu Seidls Schrift siehe auch noch:
Andreas Mertsch, Studien zum musikbezogenen Denken in bürgerlicher Philosophie und Einzel-
wissenschaft zwischen 1848 und 1933, Dissertation Humboldt-Universität Berlin 1986,
S. 169–208.
471 Friedrich von Hausegger, Die Musik als Ausdruck, Wien 1885. Dessen Bezug auf Hanslicks
VMS-Traktat ist vor allem durch Rudolf Flotzinger geprüft worden: „Hausegger zwi-
schen Hanslick und Adler“, in Antonicek/Gruber, Musikwissenschaft als Kulturwissenschaft
(wie Anm.Â
250), S.Â
141–154; „Hauseggers Verhältnis zu Hanslick“, in Antonicek/Gruber/
Landerer, Hanslick zum Gedenken (wie Anm. 10), S. 77–84.
472 Auf August Wilhelm Ambros, der die symphonische Programmmusik kritisch aufnahm,
trifft dies aber lediglich bedingt zu. Siehe dazu etwa sein achtes Kapitel in Musik und Poe-
sie (wie Anm. 428), S. 137–179, bes. S. 156–179, sowie dessen dortige Reserve zu Hector
Berlioz.
473 Hans Heinrich Eggebrecht, Musik im Abendland. Prozesse und Stationen vom Mittelalter bis
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423