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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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diskreditiert werden musste.509 Die dauerhafte Verflechtung von Hanslicks
VMS-Traktat mit der nur noch historisch relevanten Problematik der ästhe-
tischen Berechtigung von programmatischer Instrumentalmusik und der
Wagner’schen Dramenreform ist als prinzipielles Kennzeichen des ‚deutschen‘
Diskurses anzusehen, das auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg alle damit
verbundenen Thematiken dominierte: Hanslicks VMS-Traktat sowie dessen
spezifische Argumente gegen Wagners Konzept, die nicht mehr gesondert re-
feriert werden sollen (Kap. 1.4),510 wurden immer wieder durch seinen „glü-
henden Wagnerhaß“ begründet und dadurch scheinbar entkräftet.511 Inwieweit
diese eminent verkürzte Sichtweise in das musikalische Bewusstsein des ‚deut-
schen‘ Diskurses gedrungen ist, wird etwa von zahlreichen Kompendien512 und
Musikgeschichten513 veranschaulicht, die Hanslick als blinden Verehrer von
509 Zur emotivistischen Musikanschauung von Wagners ‚Schule‘ vgl.: Robert Determann,
Begriff und Ästhetik der ‚Neudeutschen Schule‘. Ein Beitrag zur Musikgeschichte des 19. Jahrhun-
dert, Baden-Baden 1989. Für die aktuellste Erfassung der subjektiven Streitpunkte von
Hanslick und Wagner siehe etwa auch: Christian Jung, „Wagner und Hanslick. Kurze
Geschichte einer Feindschaft“, in ÖMZ 67/6 (2012), S.Â
14–21. Eine realisierbare Kompati-
bilität dieser beiden Autoren ist schon von Hostinský, Musikalisch-Schöne (wie Anm. 114)
und Carl Rafael Henning, Die Aesthetik der Tonkunst, Leipzig 1896, erkannt worden.
510 Zu den ästhetischen Divergenzen und diagnostischen Schnittpunkten dieser beiden Auto-
ren vgl. Greys Texte: „Berückend wie ein Zauber, aber nicht beglückend wie ein Kunst-
werk. Eduard Hanslicks Bewertung von Richard Wagner“, in Antonicek/Gruber/Lande-
rer, Hanslick zum Gedenken (wie Anm. 10), S. 233–248; „Wagner, the Overture, and the
Aesthetics of Musical Form“, in 19thCM 12/1 (1988), S. 3–22; Musical Prose (wie Anm. 107),
S. 1–50. Vgl.: Bonds, Absolute Music (wie Anm. 31), S. 237–246; Sanna Pederson, „Roman-
ticism/Anti-Romanticism“, in Downes, Aesthetics (wie Anm.Â
449), S.Â
170–187, hier S.Â
176f.;
Wilfing, „Hanslicks Ästhetik“ (wie Anm.Â
453). Siehe dazu auch rezent: Hannah Ginsborg,
„Two Debates about Absolute Music“, in BJA 57/1 (2017), S. 77–80, hier S. 78.
511 Bernhard Kothe und Rudolph Freiherr Procházka, Abriss der allgemeinen Musikgeschichte,
hrsg. von Max Chop, Leipzig ¹²1929, S. 455.
512 Für mehrere markante Beispiele siehe hier etwa: Hans Joachim Moser, Musiklexikon, Ber-
lin ²1943, S.Â
349; Rudolph Tschierpe, Kleines Musiklexikon, Hamburg ²1954, S.Â
88; Hertha
Bauer, Taschenlexikon der Musik, Stuttgart/Wien 1953, S. 58; Friedrich Herzfeld, Lexikon
der Musik, Berlin 1957, S. 223; Meyers Handbuch über die Musik, Mannheim/Zürich 1961,
S. 674; Meyers Großes Personenlexikon, Mannheim/Zürich 1968, S. 593; Großes Lexikon der
Musik, hrsg. von Norman Lloyd, Gütersloh 1974, S. 700; Österreichisches Biographisches
Lexikon 1815–1950, hrsg. von Eva Obermayer-Marnach und Leo Santifaller, Wien ²1993,
Bd.Â
2, S.Â
183; Personen-Lexikon Österreich, hrsg. von Ernst Bruckmüller, Wien 2001, S.Â
181;
Deutsche Biographische Enzyklopädie der Musik, hrsg. von Bruno Jahn, München 2003, Bd.Â
1,
S. 340.
513 Siehe hierzu ebenso mehrere ausgewählte Fallbeispiele: Josef Kreitmaier, Dominanten.
Streifzüge ins Reich der Ton- und Spielkunst, Freiburg 1924, S. 140; Emil Naumann, Allge-
meine Musikgeschichte, hrsg. von Alfred Loeven, Berlin ²1927, S. 750; Franz Roh, Der ver-
kannte Künstler. Studien zur Geschichte und Theorie des kulturellen Mißverstehens, Köln 1948,
S.Â
70; Fritz Högler, Geschichte der Musik, Wien 1951, Bd.Â
2, S.Â
188; Werner Oehlmann, Die
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423