Seite - 132 - in Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Bild der Seite - 132 -
Text der Seite - 132 -
3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
132
ausgiebig kritisiert.541 Wie zentral dieser Terminus Hanslicks für die ‚deutsche‘
Rezeption werden sollte,542 belegte Schmidt, der ihm einen eigenen Aufsatz
widmete, während Glatts Studie Hanslicks VMS-Traktat und die deutsche
Romantik durch selbigen koppeln wollte (Kap. 1.2).543 Dass Hanslicks Meta-
pher lediglich deutlich machen sollte, wie „schöne Formen ohne den Inhalt eines
bestimmten Affectes“ Gefallen erregen können (VMS, S. 75), und hier eben
keinerlei Identität von ‚Arabeske‘ und ‚reiner‘ Musik gesetzt worden ist – was
nun verstärkt erkannt wird544 – ging dabei meist unter.545
Trotz dieser gewichtigen Einengung der Analogie von Arabeske und Musik
kann eine derartige Definition auch noch bei Thomas Kupsch entdeckt wer-
den,546 wobei Federico Celestinis Abhandlung zu der Groteske in der Wiener
Moderne (2006) – in der Hanslick in Kapiteln zu Arabeske und Ornament stän-
dig präsent bleibt – diese verbreitete Assoziation besonders beleuchtet.547 Das
weiterhin passendste Fallbeispiel scheint jedoch Ambros, der den „Männer[n]
der ‚tönenden Arabeske‘“ unterstellte, dass sich ihnen „der Geist nicht zeigt,
weil ihr nicht an ihn glaubt“, womit Hanslicks Hypothese des „absoluten For-
menspiels“ als regelrechter „Materialismus“ gefasst werden müsse,548 den er
mit Vogts und Moleschotts Konzeption identifiziert.549 Dieser verengten Aus-
541 Ferruccio Busoni, Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst, hrsg. von Martina Weindel,
Wilhelmshaven 2001, S. 19.
542 Siehe dazu auch Arthur Seidls Fokus auf Hanslicks ‚Arabeske‘: Vom Musikalisch-Erhabenen
(wie Anm. 14), S. 2, 6, 40, 42, 173, 182, 194 etc.
543 Schmidt, „Hanslicks Formbegriff“ (wie Anm. 53); Glatt, Eduard Hanslick (wie Anm. 34),
S. 49–55.
544 Herzog, „Musical Meaning“ (wie Anm.Â
353), S.Â
301; Rom Harré, „Emotion in Music“, in
Emotion and the Arts, hrsg. von Mette Hjort und Sue Laver, New York/Oxford 1997,
S. 110–118, hier S. 116; Eran Guter und Inbal Guter, „Impurely Musical Make-Believe“,
in How to Make Believe: The Fictional Truths of the Representational Arts, hrsg. von J. Alexan-
der Bareis und Lene Nordrum, Berlin/New York 2015, S. 283–306, hier S. 289.
545 Für eine knappe Analyse, welche darlegt, dass Hanslicks ‚Arabeske‘ bewusst wörtlich
gelesen wurde, um die ‚herzlose‘ Abstraktion seines ästhetischen Standpunkts ‚aufzuzei-
gen‘, siehe etwa auch: Fubini, Geschichte Musikästhetik (wie Anm. 253), S. 273 und 326.
546 Thomas Kupsch, Zeit als angehörtes Werden. Ausgewählte Aspekte zur Philosophie der Musik,
Berlin 2012, S. 139.
547 Celestini, Groteske (wie Anm. 244), S. 112–139. Vgl.: Peter Vergo, „Hanslick and the
Visual Arts“, in UmÄ›nÃ/Art 61/5 (2013), S. 437–443, hier S. 437.
548 Ambros, Musik und Poesie (wie Anm. 428), S. 106 und 186. Siehe dazu eine direkte Replik
in Zimmermanns Ambros-Rezension: Studien und Kritiken (wie Anm.Â
362), Bd.Â
2, S.Â
254f.
Aktuellere Vorbehalte zu Ambros’ Deutung finden sich etwa bei: Boisits, „Grenzen der
Kunst“ (wie Anm. 146), S. 233; Kivy, Ancient Quarrel (wie Anm. 5), S. 71; Štědronská,
August Wilhelm Ambros (wie Anm. 68), S. 162–164 und 216f.; Wilfing „Hanslick und
Ambros“ (wie Anm. 428).
549 Für den ‚Materialismus‘ von Hanslick siehe etwa auch: Ferdinand Laurencin-d’Armond,
Dr. Eduard Hanslicks Lehre vom Musikalisch-Schönen. Eine Abwehr, Leipzig 1859, S. 103;
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423