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3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith
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jedoch vermehrt kritisiert wird,574 ist die theoretische Konzeption des Systems
der Künste wohl erst um das Jahr 1700 grundlegend konstituiert worden, was
aus der Idee von zahlreichen kunstvollen Fertigkeiten die Idee der fünf ‚schö-
nen Künste‘ werden ließ.575 Das hierfür zentrale Mimesis-Prinzip, das die mu-
sikalische Komposition ebenso betrifft,576 die zumindest physische Bewegung
und klangliche Ereignisse abbilden können müsste,577 mündete sodann darin,
dass ‚reine‘ Musik von nur sekundärer Wichtigkeit war und das Paradigma der
Vokalmusik weiterhin dominierte, die der ungebundenen Expressivität von
instrumentalen Musikstücken die angeblich notwendige Konkretheit geben
sollte.578 Erst Charles Avisons Essay on Musical Expression (1752) hat das mime-
tische Kunstprinzip ansatzweise suspendiert und die äußerliche Nachahmung
(‚imitation‘) durch einen inneren Ausdruck (‚expression‘) ausgetauscht,579 der
aber noch nicht als emotionale Entäußerung des spezifischen Komponisten
(Stichwort: Romantik), sondern vielmehr universal gedacht worden ist: „Mu-
sical expression was the expression of the passions of men, not of a man.“580
Obwohl Jin-Ah Kim zu Recht betont, dass trotz Avisons Impuls – der von
Abbé Dubos und Charles Batteux geprägt wurde581 – noch keine regelrechte
574 James I. Porter, „Is Art Modern? Kristeller’s ‚Modern System of the Arts‘ Reconsidered“,
in BJA 49/1 (2009), S.Â
1–24; James O. Young, „The Ancient and the Modern System of the
Arts“, in BJA 55/1 (2015), S. 1–17. Siehe aber auch: Peter Kivy, „What Really Happened in
the Eighteenth Century: The ‚Modern System‘ Re-Examined (Again)“, in BJA 52/1
(2012), S. 61–74.
575 Für eine parallele Diskussion zur historischen Entstehung des emphatischen Werkbegriffes
siehe etwa auch: Lydia Goehr, „‚On the Problems of Dating‘ or ‚Looking Backward and
Forward with Strohm‘“, in The Musical Work: Reality or Invention?, hrsg. von Michael Talbot,
Liverpool 2000, S. 231–246; Reinhard Strohm, „Werk – Performanz – Konsum. Der musi-
kalische Werk-Diskurs“, in Calella/Urbanek, Musikwissenschaft (wie Anm.Â
206), S.Â
341–355.
576 Siehe hierzu primär: Walter Serauky, Die musikalische Nachahmungsästhetik im Zeitraum von
1700 bis 1850, Münster 1929; John Neubauer, The Emancipation of Music from Language:
Departure from Mimesis in Eighteenth-Century Aesthetics, New Haven/London 1986.
577 Herbert M. Schueller, „‚Imitation‘ and ‚Expression‘ in British Music Criticism“, in MQ
34/4 (1948), S. 544–566; John W. Draper, „Aristotelian ‚Mimesis‘ in Eighteenth Century
England“, in PMLA 36/3 (1921), S. 372–400.
578 Nikolaus de Palézieux, Die Lehre vom Ausdruck in der englischen Musikästhetik des 18. Jahr-
hunderts, Hamburg 1981, S. 218.
579 Lippman, Western Aesthetics (wie Anm. 400), S. 83; Nancy Kovaleff Baker, Max Paddison
und Roger Scruton, „Expression“, in New Grove², London 2001, Bd. 8, S. 463–472, hier
S.Â
463; Anselm Gerhard und Helga de la Motte-Haber, „Ausdruck“, in MGG², Kassel u.a.
1994, Sachteil Bd. 1, Sp. 1043–1051, hier Sp. 1045.
580 Schueller, „British Criticism“ (wie Anm. 577), S. 564. Vgl.: Jeanette Bicknell, „The Early
Modern Period“, in Gracyk/Kania, Philosophy and Music (wie Anm. 155), S. 273–283, hier
S. 278.
581 Goldschmidt, Musikästhetik (wie Anm.Â
412); Serauky, Nachahmungsästhetik (wie Anm.Â
576).
Für eine kürzere Übersicht vgl.: Fubini, Geschichte Musikästhetik (wie Anm. 253), S. 140–
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423