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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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werden könne, sondern vielmehr eine angenehme Empfindung von distink-
ter Wesensart sei, die lediglich erfahren wird, wenn melodische Tonfolgen als
Ă€sthetisch bedeutend und damit âschönâ gehört werden.692 Gurney selbst nennt
diese âmusical emotionâ als fundamentale musikalische Eigenschaft, als âthe
alpha and omega of its essential effect: namely, its perceptual production in us of
an emotional excitement of a very intense kind, which yet cannot be defined
under any known head of emotionâ.693 Wenn Gurneys Ăsthetik den Begriff
âEmotionâ damit also auch in zweifacher Bedeutung (kĂŒnstlerisch / alltĂ€g-
lich) gebraucht, wird seine spezifische Verwendung meist durch kontextuelle
Bedingungen deutlich gemacht.694 Die âmusical emotionâ beruht hierbei auf
der Darwinâschen GefĂŒhlstheorie, die Gurney der Version von Spencer vor-
zieht,695 und die auf die instinktiven Paarungsrufe unserer entfernten Vorfah-
ren rekurriert, was letztlich zur Ausbildung einer eigenen âmusical facultyâ
fĂŒhrte, welche heute als sublimierte FĂ€higkeit fortwirke.696 Gurneys Konzept
beinhaltet deswegen ein hedonistisches MusikverstÀndnis, das ihn von Hans-
licks VMS-Traktat wiederum wegfĂŒhrt: Die musikalische Komposition âmust
be judged by us directly in relation to pleasure, and [âŠ] pleasure is the only
criterion by which we can measure the relative worth of different specimens
of itâ.697 Insofern Hanslicks Argument auf die theoretische Grundlegung einer
Ă€sthetischen Fachdisziplin hinarbeitete, welche einer intersubjektiven Nach-
prĂŒfbarkeit offen stehen musste, ist der evidenteste Widerspruch zu Gurneys
Theorie genau hierin situiert. Diese teilweise eklatante Diskrepanz von Gur-
ney und Hanslick schwindet jedoch wieder, sobald man die verwandte ErklÀ-
rung fĂŒr die niedrige Relevanz von musikalischer ExpressivitĂ€t dieser beiden
Autoren genauer erörtert, die nun abschlieĂend nachvollzogen wird.
Denn Gurneys Konzept bietet einige GrĂŒnde, wieso affektive Elemente fĂŒr
die Àsthetische Wertigkeit der musikalischen Komposition höchstens sekun-
dĂ€r relevant seien,698 die markante Parallelen zur Hanslickâschen Argumen-
tation deutlich werden lassen.699 Genauer gesagt sind hier drei Punkte derart
692 Budd, Music and Emotions (wie Anm. 663), S. 53.
693 Gurney, Power of Sound (wie Anm. 634), S. 120.
694 Gatens, âMusical Criticismâ (wie Anm. 624), S. 21f.
695 Zur Debatte von Darwin und Spencer siehe etwa kurz: Peter Kivy, âCharles Darwin on
Musicâ, in JAMS 12/1 (1959), S. 42â48; Lippman, Western Aesthetics (wie Anm. 400),
S. 270â286; Fubini, Geschichte MusikĂ€sthetik (wie Anm. 253), S. 280â282.
696 Gurney, Power of Sound (wie Anm. 634), S. 124. Siehe dazu auch sein Kapitel âSpeech
Theoryâ, ebda., S. 476â497. Vgl.: Gatens, âMusical Criticismâ (wie Anm. 624), S. 22f.;
Budd, Music and Emotions (wie Anm.Â
663), S.Â
56f.; ders., âGurneyâ (wie Anm.Â
629), S.Â
373f.
697 Gurney, Power of Sound (wie Anm. 634), S. 369.
698 Budd, Music and Emotions (wie Anm. 663), S. 66â74.
699 Sharpe, Philosophy Introduction (wie Anm. 444), S. 25.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423