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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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Hanslick argumentiert vergleichbar:
Lassen wir an dem GefĂŒhlsmusiker mehrere TonstĂŒcke gleichen, etwa rau-
schend fröhlichen Charakters, vorbeiziehen, so wird er in dem Banne desselben
Eindrucks verbleiben. Nur was diesen StĂŒcken gleichartig ist, also die Bewe-
gung des rauschend Fröhlichen assimilirt sich seinem FĂŒhlen, wĂ€hrend das Be-
sondere jeder Tondichtung, das kĂŒnstlerisch Individuelle seiner Auffassung ent-
schwindet. Gerade umgekehrt wird der musikalische Zuhörer verfahren. Die
eigenthĂŒmliche kĂŒnstlerische Gestaltung einer Composition, das, was sie unter
einem Dutzend Àhnlich wirkender zum selbststÀndigen Kunstwerk stempelt,
erfĂŒllt sein Aufmerken so vorherrschend, daĂ er ihrem gleichen oder verschie-
denen GefĂŒhlsausdruck nur geringes Gewicht beilegt (VMS, S. 128).
Dies gilt umso mehr, wenn eine stets zweifelhafte emotionale Bedeutung der
musikalischen Komposition als ihre wesentliche Eigenschaft verstanden wird,
da diese nicht lediglich immanent vorhanden sei, sondern beliebig evoziert
werden könnte. Wenn emotionale ExpressivitĂ€t zum maĂgeblichen Kennzei-
chen der Signifikanz des Kunstwerks wird, könnte dieses durch jeden beliebi-
gen Gegenstand ersetzt werden, der die analoge Wirkung erzeugt: âwhy is the
effect of an agitated presto of Beethoven superior to that of a man excitedly
waving his arms in the air? Why is âDes Abendsâ more delightful than a series
of imploring gestures? Why is Carmenâs âPresso il bastionâ more pleasurable
than any copy of accompaniment of it by capricious physical movements?â705
Hanslick begegnet den musikalischen âEnthusiastenâ, welche einzig expressive
Charakteristik verlangen und Àsthetische Wertigkeiten nur aus selbiger ablei-
ten wollen, mit analogen Bedenken: âDas Ă€sthetische Merkmal des geistigen
Genusses geht ihrem Hören ab; eine feine Cigarre, ein pikanter Leckerbissen,
ein laues Bad leistet ihnen unbewuĂt, was eine Symphonieâ (VMS, S. 129).
Weil Musik die kognitive Substanz von speziellen Emotionen auĂerdem kei-
nesfalls ausdrĂŒcken kann, wird eine eindeutige Darstellung von alltĂ€glichen
Emotionen von Gurney neuerlich bezweifelt: âPity may be itself subdivided
into many kinds; we feel one sort for Antigone, another for Lear, another for
Hamlet: but Music cannot even get so far down in definition as the broad attri-
bute of pity itself nor differentiate it from regret or any other of the qualities
which a general pathos of expression might cover.â706 Auch hier bestehen deut-
liche Parallelen zu Hanslicks Argument, dessen kognitivistische Emotionsthe-
orie aber erst weiter unten genauer erörtert wird (Kap. 5.2).
Die Diskussion der KohÀrenzen von Hanslick und Gurney, die nur die pla-
kativsten Schnittpunkte dieser beiden Autoren genauer eruieren sollte und
705 Ebda., S. 341.
706 Ebda., S. 342.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423