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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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spÀteren Varianten kann man auch als direkte Reaktion auf eine weitere Tra-
dition fassen, die bei Emery (âtonally aroused formsâ),797 Kinkeldey (âtonal
moving formsâ)798 und Sorantin (âtonal forms in motionâ)799 bereits damals
angelegt war, die aber erst seit Payzant als kanonische Ăbersetzung gilt. Denn
Payzants Ergebnis lautet âtonally moving formsâ (OMB, S. 29), eine wörtli-
che Ăbertragung, die von heutigen Autoren meistens benutzt wird und die
Gillespie (âforms set in motion by tonesâ),800 Scruton (âforms moved through
tonesâ),801 Hirt (âforms moving in tonesâ)802 oder auch Bonds (âtonally anima-
ted formsâ)803 in modifizierter Formulierung ĂŒbernommen haben. Als âdirekte
Reaktionâ kann eine dezidierte Betonung von âsoundâ, âsoundingâ, âsonicallyâ
deshalb gelesen werden, da Payzants Vorschlag eine besondere Hanslick-Deu-
tung grundiert, die entscheidende Gesichtspunkte der âtönend bewegten For-
menâ gĂ€nzlich verdeckt.
Payzant hatte seine individuelle Interpretation des Wortes âTönenâ, das er
vom Begriff âKlangâ durchgehend differenzierte, aus der technischen Bedeu-
tung dieses Terminus abgeleitet. Ein âTonâ ist vom âKlangâ deswegen verschie-
den, da Ersterer definitiv messbar ist, harmonische VerhÀltnisse zu anderen
âTönenâ aufweist und sein Charakter, seine Funktion, seine Position etc. dem
jeweiligen Tonsystem der betreffenden Musikepoche unterworfen sind: âIn this
sense, a âtoneâ is a sound, actual or imagined, perceived as occupying a position
in a diatonic musical scale.â804 Eine inhaltlich passende, aber doch sprachlich
inadĂ€quate Ăbersetzung von Hanslicks Hypothese wĂŒrde daher lauten: âThe
content of music is forms dynamically related, the relationships being those
inherent in the diatonic (i.e., tonal) musical system.â805 Es ist sicherlich zutref-
fend, dass âTonâ und âKlangâ von Hanslick dezidiert getrennt wurden, wie
man im sechsten Kapitel, das die unmittelbare VerknĂŒpfung von Musik und
Natur kritisch erörtert, liest. Akustische Naturlaute sind fĂŒr ihn âSchall und
Klang, d.h. in ungleichen Zeittheilen aufeinander folgende Luftschwingungen.
797 Max Dessoir, Aesthetics and Theory of Art, ĂŒbers. von Stephen Emery, Detroit 1970, S. 73.
798 Otto Kinkeldey, âMusic and Meaningâ, in BAMS 1 (1936), S. 14â15, hier S. 14.
799 Eric Sorantin, âThe Problem of Musical Expressionâ, in BAMS 11/12/13 (1948), S. 72â74,
hier S. 73.
800 Gillespie, âInstrumental Compositionsâ (wie Anm. 395), S. 145.
801 Scruton, Aesthetics (wie Anm. 783), S. 353.
802 Hirt, Machines Chopin (wie Anm. 64), S. 80.
803 Bonds, âAesthetic Amputationsâ (wie Anm. 64), S. 3.
804 Hanslick/Payzant, Musically Beautiful (wie Anm. 31), S. 95. Siehe dazu auch Payzants
Arbeiten: âHanslick, Sams, Gayâ (wie Anm. 154), S. 44â47; âHanslick and Becherâ (wie
Anm. 66), S. 107â112; Sixteen Lectures (wie Anm. 12), S. 44â46.
805 Hanslick/Payzant, Musically Beautiful (wie Anm. 31), S. 102. Abegg hat hier eine Àhnliche
Deutung offeriert: âHanslick und die Ideeâ (wie Anm. 586), S. 48.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423