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5.2. Musik, GefĂŒhl, Gedanke â das kognitivistische Emotionskonzept
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wurde und schon ein rudimentÀrer Theorieanteil von Hanslicks VMS-Traktat
war,1422 hat die analytische MusikÀsthetik tiefgreifend beeinflusst, in der der
markante Leitspruch âemotions arenât feelingsâ sehr lang allgemein akzeptiert
war.1423 Wie aber etwa Nico Frijda korrekt betonte,1424 ist die grundsÀtzliche
Klassifikation von einzelnen GefĂŒhlen Ă€uĂerst diffizil, weil ihre fundamen-
tale Konstitution kontextuell eingebettet bleibt. Dieses Urteil gilt auch fĂŒr das
erwĂ€hnte âaffect programâ, das nur zum Teil aus viszeralen VorgĂ€ngen entspringt:
Ekel kann zwar eine Reaktion auf abstoĂende Sinnesreize ausmachen, aber auch
eine rein rationale Ursache besitzen, etwa wenn diese körperliche Empfindung
von der lebhaften Vorstellung eines ekelhaften Gedankens verursacht wird. Es
scheint somit sinnlos, einzelne affektive ZustÀnde einer absoluten Kategorie
zuzuordnen, sondern wesentlich fruchtbarer, einzelne Regungen nach ihren
jeweils basalen Faktoren in die abstrakte Schematik von GefĂŒhl, Emotion und
Stimmung einzureihen. Ob das GefĂŒhl âTrauerâ als richtige Emotion â Trauer
ĂŒber Verlust â oder eher als ungenaue Stimmung (Stichwort: Weltschmerz) rub-
riziert wird, sollte somit nur fĂŒr den Einzelfall geklĂ€rt werden.1425 Daraus kann
aber umgekehrt keinesfalls abgeleitet werden, dass menschliche AffektzustÀnde
durchgĂ€ngig kontextuell beschaffen seien, zumal einige âaffect statesâ die impli-
zite Evaluation eines intentionalen Gegenstandes nötig haben. Obwohl EntrĂŒs-
tung, Eifersucht, Stolz etc. mit merklichen physischen Wirkungen verbunden
sind, also eine âfeeling componentâ einschlieĂen, können selbige ohne ihre kog-
nitiven Bestandteile niemals auftreten, da sie, wie Solomon richtig betont, fĂŒr
die Konstitution von Emotionen schlechthin essentiell sind: âall emotions pre-
suppose or have as their preconditions certain sorts of cognitions â an awareness
of danger in fear, recognition of an offense in anger, appreciation of someone or
something lovable in love.â1426 Obwohl Hanslicks Begriff âGefĂŒhlâ â im Duktus
der analytischen MusikĂ€sthetik wohl eher âemotionâ â mit der âfeeling compo-
nentâ weiterhin verknĂŒpft bleibt â Hanslick erwĂ€hnt die âphysiologischen und
pathologischen Voraussetzungenâ (VMS, S. 43) â, was ihn von der starken Ver-
sion der kognitiven Konzeption deutlich entfernt,1427 sind hier erkennbar Paral-
lelen zu Hanslicks Argument gegeben:1428
1422 Roberts, âEmotionâ (wie Anm. 1409), S. 185. Vgl.: Deigh, âConcepts of Emotionsâ (wie
Anm. 1398), S. 26.
1423 Roberts, âEmotionâ (wie Anm. 1409), S. 185. Vgl.: Sharpe, Philosophy Introduction (wie
Anm. 444), S. 92.
1424 Nico H. Frijda, âMoods, Emotion Episodes, and Emotionsâ, in Lewis/Haviland, Hand-
book of Emotions (wie Anm. 1419), S. 381â403, hier S. 381f.
1425 Rorty, âExplaining Emotionsâ (wie Anm. 1401), S. 156f.
1426 Solomon, âEmotionsâ (wie Anm. 1419), S. 10f.
1427 Ridley, Philosophy (wie Anm.Â
444), S.Â
102; Payzant, Sixteen Lectures (wie Anm.Â
12), S.Â
113f.
1428 FĂŒr die konkurrierenden Emotionsmodelle der analytischen Philosophie siehe aber auch:
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423