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5.2. Musik, GefĂŒhl, Gedanke â das kognitivistische Emotionskonzept
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Die Hanslick-Rezeption im englischen Sprachraum dĂŒrfte daher von der ko-
gnitiven Einstellung der modernen Psychologie mit den 1970ern / 1980ern er-
heblich profitiert haben, die mit dem Auftreten der spezifischen analytischen
MusikĂ€sthetik zusammenfĂ€llt.1466 Dabei dĂŒrfte aber auch ein komplexes Wech-
selspiel dieser beiden Faktoren wirksam gewesen sein: Eine groĂteils kognitive
Auffassung hat sich bei âenglischenâ Ăsthetikern einerseits verbreitet, da Hans-
licks VMS-Traktat diese prominent einbrachte, Hanslick wurde aber auch hÀu-
figer rezipiert, weil er eine frĂŒhe Form des kognitiven Arguments formulierte,
wie mir Davies persönlich bestĂ€tigte, fĂŒr den genau dieser Aspekt der Anlass
zur LektĂŒre von Hanslick war.1467 Hanslicks Bedeutung fĂŒr die âhermetischeâ
Musikdebatte der analytischen Kunsttheorie, die âkontinentaleâ Ansatzpunkte
meistens ignoriert,1468 wurde somit durch dessen kognitive Perspektive grun-
diert, die fĂŒr Kivy die âstrongest reason to think that musical emotivism can-
not be rightâ blieb.1469 Hanslicks Relevanz fĂŒr die âenglischeâ Diskussion kann
man auch mit kritischen Arbeiten darlegen, d.h. mit Autoren, die GefĂŒhl und
Musik weiterhin verknĂŒpfen wollten, hierbei jedoch auf Hanslicks Hypothe-
se Antworten zu finden hatten. Walton, fĂŒr den Musik ein ââpropâ in games
of make-believeâ darstellt,1470 das die subjektive Projektion von emotionalen
Eigenschaften auf die musikalische Komposition herausfordert, kann hier als
ein frĂŒhes Beispiel dieser durchaus typischen Rezeption gefasst werden.1471 Da
Walton Hanslicks Argument akzeptiert, ist fĂŒr ihn das dynamische Musikele-
ment sofort zentral: âMusic is incapable of capturing the cognitive elements,
but it can portray the âpsychical motionâ.â Hanslicks Hypothese besagte je-
doch, dass auch distinkte GefĂŒhle identische âpsychical motionsâ besitzen kön-
nen und sie von gerade diesen âcognitive elementsâ bestimmt werden. Weil
âZornâ von âAngstâ keinesfalls musikalisch abgrenzbar sei, mĂŒsse etwas ihnen
Gemein sames reprĂ€sentiert werden, âa less specific state of feeling of which
Stecker, âExpression of Emotion in (Some of) the Artsâ, in JAC 42/4 (1984), S. 409â418,
hier S.Â
413; Alperson, âMusical Worldsâ (wie Anm.Â
1270), S.Â
2; Alan H. Goldman, âEmo-
tions in Music (A Postscript)â, in JAC 53/1 (1995), S. 59â69, hier S. 61 und 69.
1466 Paul Crowther, Defining Art, Creating the Canon: Artistic Value in an Era of Doubt, Oxford
2007, S.Â
171; Deigh, âConcepts of Emotionsâ (wie Anm.Â
1398), S.Â
32; Patrik N. Juslin und
John A. Sloboda, âThe Past, Present, and Future of Music and Emotion Researchâ, in
dies., Music and Emotion (wie Anm. 1394), S. 933â955, hier S. 934.
1467 Siehe hierfĂŒr indirekt: Davies, Musical Meaning (wie Anm. 450), S. 212â219.
1468 Huppertz, âMusik und GefĂŒhlâ (wie Anm. 1453), S. 5.
1469 Kivy, Sound Sentiment (wie Anm. 414), S. 157.
1470 Walton, âListening Imaginationâ (wie Anm. 1016), S. 52.
1471 Levinson hat Waltons Konzept analytisch formuliert: âa passage P is expressive of E iff
the listener is disposed, in hearing P, to imagine either that he is hearing someoneâs behav-
ioral expression of E or else that he is having an awareness of his own feelings of E.â Plea-
sures of Aesthetics (wie Anm. 1025), S. 94.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423