Seite - 302 - in Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Bild der Seite - 302 -
Text der Seite - 302 -
5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption
302
da „certain aspects of the so-called ‚inner life‘“ mit der Form von Musik ident
seien: „patterns of motion and rest, of tension and release, of agreement and
disagreement, preparation, fulfilment, excitation, sudden change etc.“1546
Hanslick hätte diese formale Analogie, mit der auch ‚reine‘ Musik „the mor-
phology of feeling“ symbolisch ausdrücken könne, bereits korrekt gesehen und
sei hier „very close to a correct analysis“ gelangt.1547 Dass Langers Rekurs auf
Hanslicks VMS-Traktat daneben bewirkte, dass ihre eigene Theorie der prä-
sentativen Symbolformen und die vorsichtige Definition von musikalischer
Expressivität1548 als Adaption von Hanslicks Hypothese gefasst wurden,1549
überrascht angesichts der eindeutigen Referenzen keineswegs.
Der wesentliche Unterschied dieser beiden Autoren besteht jedoch im Hin-
blick auf das hochkomplexe Symbolkonzept von Langers Theorie, das in Hans-
licks VMS-Traktat kein theoretisches Gegenmodell hat. Dieser kennt zwar
auch eine ‚Symbolik‘ von Tonleiter, Akkord, Ton etc., die mit der Goethe’schen
Farbenlehre parallel gesetzt wird, lässt dies aber nur für isolierte Elemente gel-
ten, welche sich beim vollständigen Kunstwerk „neutralisiren“ (VMS, S. 48).
Diese methodische Abweichung gilt aber nicht für die unabhängig publizier-
ten Konzeptionen von Davies und Kivy aus dem Jahr 1980,1550 die als analy-
tische Erweiterung von Hanslicks Hypothese zum isomorphen Dynamismus
von Gefühl und Musik gefasst werden können und die im englischen Sprach-
raum als ‚contour theory‘1551 und ‚enhanced formalism‘1552 zugleich geläufig
1546 Langer, New Key (wie Anm. 770), S. 184f.
1547 Ebda., S. 185 und 194.
1548 Åhlberg, „Emotion in Music“ (wie Anm. 400), S. 72; Mary Reichling, „Intersections:
Form, Feeling, and Isomorphism“, in PMER 12/1 (2004), S.Â
17–29, hier S.Â
23–26; Kingsley
Price, „How Can Music Seem to be Emotional?“, in PMER 12/1 (2004), S. 30–42, hier
S. 34–41.
1549 Siehe hierfür mehrere ausgewählte Fallbeispiele aus rezenter Literatur: Sparshott, „Limits
and Grounds“ (wie Anm. 807), S. 73; Duckles u.a., „Musicology“ (wie Anm. 59), S. 504;
Kivy, Introduction to Philosophy (wie Anm.Â
356), S.Â
28; Alperson, „Formalism and Beyond“
(wie Anm.Â
351), S.Â
265; Reichling, „Intersections“ (wie Anm.Â
1548), S.Â
18; Ahonen, Musi-
cal Communication (wie Anm. 239), S. 80; Cook, Schenker Project (wie Anm. 33), S. 315;
Goehr, Elective Affinities (wie Anm. 271), S. 91; Packalén, „Music, Emotions, Truth“ (wie
Anm. 1484), S. 57; Katz, Sense and Meaning (wie Anm. 155), S. 247; Cook/Dibben, „Emo-
tion in Culture“ (wie Anm. 1394), S. 59; Higgins, Universal Language (wie Anm. 389),
S. 123; Grüny, Kunst des Übergangs (wie Anm. 1040), S. 85.
1550 Kivy, Corded Shell (wie Anm. 673); Davies, „Emotion in Music“ (wie Anm. 1506).
1551 So die ursprüngliche Bezeichnung von Kivy, Corded Shell (wie Anm. 673), S. 77.
1552 Dieser Begriff ist von Alperson („Philosophy of Education“ [wie Anm.Â
818], S.Â
227; „For-
malism and Beyond“ [wie Anm. 351], S. 262) geprägt worden. Kivy hat ihn anschließend
übernommen: Essay in Differences (wie Anm. 995), S. 205; Ancient Quarrel (wie Anm. 5),
S. 97.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423