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5.3. Enhanced Formalism – Hanslick, Davies, Kivy und die Kontur-Theorie
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dann prekär werden, wenn man die ästhetische Bedeutung von expressiven
Reaktionen wahren möchte: eine wesentliche Bedingung, die den Einspruch
Robinsons als ziemlich limitiert ausweist.
Andere Vorbehalte Robinsons betreffen den Umstand, dass der ‚enhanced
formalism‘ offen ließe, wie komplexe kognitive Emotionen (z.B. Eifersucht,
Scham, Stolz) musikalisch repräsentiert werden, zumal jene eine schlechthin
elementare gedankliche Komponente beinhalten, welche über keine defini-
tive Gestalt verfügt: „One limitation of the doggy theory is that it allows for
music to express only those emotional states that exhibit characteristic vocal
intonations or expressive behaviors.“1623 Grüny kritisiert deshalb ähnlich: „es
ist kein Zufall, daß Kivy fast ausschließlich auf diese Gefühle [Trauer und
Freude] zurückgreift. Bei Liebe und Haß, die wohl kaum weniger paradigma-
tisch sind, oder gar bei schwierigeren Fällen wie Neid kommen wir mit den
Mitteln der Konturtheorie […] nicht weiter. Was ist das typische Ausdrucks-
verhalten von Liebe?“1624 Kivy und Davies sind auch wirklich überzeugt, dass
‚reine‘ Musik keine „subtle expressive properties“ (‚seps‘), sondern lediglich
„moderate expressive properties“ (‚meps‘) und „gross expressive properties“
(‚geps‘) habe, die die Differenzierung von „anguished melancholy“ und „fu-
ner al melancholy“, von „violent anger and a less violent kind“, durchaus zulas-
sen würden.1625 Wie Davies speziell deutlich machte, können primär ‚Plato-
nic attitudes‘ keinesfalls dargestellt werden, was von analytischen Philosophen
gemeinhin akzeptiert wird:1626 „for feelings or emotions of this kind, Hans-
lick’s argument succeeds. Platonic attitudes are not susceptible to expression
in music because music does not represent the thoughts without which such
emotions or feelings could find expression.“1627 Somit werden kognitive Emoti-
onen – Hoffnung, Verlegenheit, Verzweiflung etc. – von musikalischer Reprä-
sentation ausgeschlossen, weil sie kein „naturally expressive behaviour“ bein-
halten:1628 „The range of emotions music is heard as presenting in this manner
1623 Robinson, „Expression Theories“ (wie Anm. 1560), S. 203.
1624 Grüny, Kunst des Übergangs (wie Anm. 1040), S. 166f.
1625 Kivy, Sound Sentiment (wie Anm. 414), S. 183. Was bei ‚reiner‘ Musik aber noch „critical
caprice“ sei, ist bei der textierten Vokalmusik als ein „fine tuning“ mühelos möglich.
Vgl.: ders., Corded Shell (wie Anm.Â
673), S.Â
110f.; ders., Music Alone (wie Anm.Â
414), Kap.Â
9.
1626 Davies, Musical Meaning (wie Anm. 450), S. 213–215. Vgl.: Hilary Putnam, „Why Instru-
mental Music Has No Shame (Why Only Certain Emotions are Expressed by Instrumen-
tal Music)“, in BJA 27/1 (1987), S. 55–61. Als die wichtigste Ausnahme siehe aber auch:
Levinson, Metaphysics (wie Anm. 1284), S. 336–375, bes. S. 351–357.
1627 Davies, Musical Meaning (wie Anm. 450), S. 215. Vgl.: ders., „Emotion in Music“ (wie
Anm.Â
1506), S.Â
70f.; „Hard Case“ (wie Anm.Â
1290), S.Â
183; Musical Essays (wie Anm.Â
1412),
S. 130. Siehe dazu etwa auch: Kivy, Music Alone (wie Anm. 414), S. 175–177.
1628 Davies, „Emotion in Music“ (wie Anm. 1506), S. 71.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423