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1851102
politische Tätigkeit unmöglich, da ihr jetzt alle positive Grundlage abgeht.
Die Verfassung unsrer Vorfahren hat das Jahr 1848 weggefegt, die papierene
Verfassung vom 4. März hat nie gelebt, ist jetzt zum Teufel gegangen,76 was
schwerlich zu bedauern ist. Alle Hoffnung und alle Befürchtung konzentriert
sich jetzt auf den Kaiser, und ein Monarch, der jung, lebhaft kriegerisch ist,
das Jahr 1848 erlebte und 184977 den Thron bestieg, ist eine ganz unbere-
chenbare Größe in einem Reiche, wo die Revolution faktisch Tabula rasa ge-
macht hat. Unser aller Schicksal ist jetzt vollkommen in seine Hand gegeben!
31. Oktober 1851
Morgen kommt Hingenau, der stets Bewegliche, mich hier besuchen, ob-
gleich das Wetter zu keinen Reisen mehr einladet. Ich freue mich, manches
Wichtige besprechen zu können, denn Dr. Alexander Bach scheint, vor sei-
nem nahe bevorstehenden Sturze dem großen Grundbesitz noch ein Ge-
schenk machen zu wollen, auf welches dieser Zeitlebens denken soll. Er lässt
durch seinen Bruder in Oberösterreich78 die kleinen Gemeinden in große
mir nichts dir nichts verschmelzen und sie unter Kommando von besoldeten
Beamten stellen. Dann ist aller Einfluss des großen Grundbesitzes vernich-
tet, alle selbständige politische Entwicklung für alle Zukunft unmöglich ge-
macht, der allmächtigen Bürokratie der absolute Thron errichtet.
Lösch, 26. November 1851
Die Petitionsangelegenheit79 ist endlich mit unsäglicher Mühe zwar, aber
dennoch in Gang gebracht. An Spiegel80 schrieb ich deshalb zweimal und
sandte ihm den Brief Wolkensteins, doch umsonst.
76 Formal wurden die konstitutionelle Verfassung 1849 (RGBl. 2/1852) und das Grund-
rechtspatent (RGBl. 3/1852) erst mit den sog. Sylvesterpatenten am 31. Dezember 1851
aufgehoben.
77 Richtig: 2. Dezember 1848.
78 Eduard Freiherr von Bach (1814–1884), Bruder von Alexander, war Statthalter von OÖ
(Mai 1851–1862), 1854/55 zusätzlich Zivilkommissar in den Donaufürstentümern, Landes-
präsident in Krain (1865–1867), dann Statthalter des Küstenlandes.
79 In einer an den Kaiser gerichteten Petition erklärte der Adel, die Zusammenlegung klei
ner
Gemein
den zu größeren Einheiten und deren Verwaltung durch bezahlte Beamte führe zum
Verlust des letzten Einflusses des Adels. Ferner hielt er fest, dass ihr Einfluss sich nur in klei-
nen Gemeinden behaupten könne, in denen der frühere Herr und Gutsbesit zer ein einflussrei-
ches Mitglied ist. Der Adel trat deshalb vor den Thron, damit er diesen letzten Machtverlust
abwehre. Diese Note war Belcredis Werk. Milena krau
sová, Hrabě Egbert Belcredi v letech
1845–1879 [Graf Egbert Belcredi in den Jahren 1845–1879], phil. Diss. Prag 1926/27, 50–52.
80 Ferdinand Otto Hermann Graf von Spiegel zum Diesenberg-Hanxleden (1815–1877), Besit-
zer von Herrschaften in Westfalen und Ebreichs
dorf in NÖ, kaufte 1836 das Gut Wische-
nau im Kreis Znaim; 1867 und 1871 als Konservativer MmLT.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115