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LÖSCH, 30. DEZEMBER 1866 305
Dinge sich gestalten, stehen große Entscheidungen nahe bevor! Gott er-
leuchte Alle und schütze Österreich.
Erzh[er]z[o]g Albrecht ist schon wieder in einer wahren Korporalswut,
will über Ungarn den Belagerungszustand verhängt wissen usw.
Lösch, 29. Dezember 1866
Der Schluss des Landtages, wie gewöhnlich ein Drängen von Geschäften
und eine Hast in deren Abwicklung, die fast alle Gründlichkeit und Ruhe in
deren Behandlung ausschließt. In den ersten 2/3 der Session geschieht fast
nichts, im letzten 1/3 zu viel.
Adresse und Wahlordnung verdarb H[err] Chlumecký oder seine Mario-
nette Mittrowský wie im vorigen Jahr.
Vor 3 Monaten am 20. September667 versprach mir Richard, den intrigan-
ten Chlumecký, der keine Lüge verschmäht und ein elendes Subjekt ist, zu
versetzen. Bis heute ist nichts geschehen, und nun wird er uns auch noch die
so überaus wichtigen Neuwahlen zum Landtag verderben!
Am 22. war die letzte Sitzung. Sie dauerte von 10–2, dann von 4–10 Uhr
nachts. Leider kam der Gesetzentwurf über die Zusammenlegung der
Gründe nicht mehr zur Verhandlung. Die Linke will ihn nicht, da sie darin
mit Recht eine Konsolidierung des Grundbesitzes sieht, dessen Zerstückung
und Vernichtung des Bauernstandes sie offen anstrebt, wie Kinsky unver-
hohlen sagte.
Ebenso hat sie das Gesetz über Ablösung des Propinationsrechts nicht
mehr auf die Tagesordnung kommen lassen, denn es wäre durchgegangen
und eine, wenn auch kleine Entschädigung für das Recht gewährt worden,
welches sie konfiszieren will.
Und dann sagt der elende Landeshauptmann, der ihr gehorsamster Die-
ner ist, in seiner Schlussrede, er habe stets volle Unparteilichkeit geübt!
Man traut seinen Ohren kaum über die Dummheit oder Frechheit eines
solchen Ausspruches!
Lösch, 30. Dezember 1866
Heute den ganzen Vormittag in einer Beratung über Straßenfonds-Rechnun-
gen mit dem Inspektor Sukup von Sokolnitz zugebracht. Das Bezirksamt hat
sie früher in unverantwortlicher Weise geführt und eine heillose Verwirrung
angerichtet.
Dann geschrieben, unter anderem an den Bischof wegen des Kapuzi-
ner-P[aters] Ubald, den ich als Schlosskaplan hernehmen will.
667 Siehe die Eintragungen vom 24.9. und 29.11.1866.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115