Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Seite - 145 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 145 - in Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894

Bild der Seite - 145 -

Bild der Seite - 145 - in Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894

Text der Seite - 145 -

LÖSCH, 20. DEZEMBER 1853 143 teresse ist, gehören sie dem Bürger- sowenig als irgendeinem andern, es sei denn dem 4. Stande an. Wenn der Sohn eines Bürgers vom Taglohn lebt, sich durch Fabriksarbeit das tägliche Brot für sich und seine Familie erwirbt, gehört er noch zum Bür- gerstand? Ich denke, er ist ein Proletarier wie andre dieses Erwerbs. Und was ist der Regierungsarbeiter, der uniformierte Staatsbeamte? Wohl auch nur ein uniformierter, weit hochmütigerer und gefährlicherer – Proletarier! Ist da noch der Beweis der Unnatur unsrer Zustände schwer zu führen? Der Besitz an liegenden Gründen und Kapitalien, also Gewerbe, Industrie, Handel, die Arbeit überhaupt, haben das erste und einzige Interesse am Be- stand, der Ordnung und Wohlfahrt des Staates, sie leiden allein, wenn das Gegenteil eintritt, und sie stehen fern, ja werden systematisch fern gehalten. Und Proletarier, die nur das Interesse des Lebenserwerbs kennen, die heute einem Monarchen aus der legitimen Herrscherfamilie, morgen dem nächsten besten Usurpator oder Eroberer dienen, denen Kaiser oder Präsident gleich- gültig sein muss, da sie dienen, um zu leben, und demjenigen arbeiten müs- sen, der sie dafür bezahlt, haben das Ruder des Staatsschiffs in der Hand! – Genügt dies, die Unnatur dieser Zustände ins gehörige Licht zu stellen, so folgt daraus mit mathematischer Gewissheit, dass ihnen die erste Bedin- gung der Dauer des Lebens fehlt, denn Unnatürliches, also mit den Gesetzen des Lebens im Widerspruch Stehendes, kann nicht dauernd bestehen. Angenommen nun, dieser unnatürliche Zustand sei augenblicklich ein notwendiger und die Politik gerechtfertigt, die ihn für jetzt gleich der Schiene am gebrochnen Knochen benützt, so ist es doch jene nimmermehr, die nichts für die Heilung selbst tut, die Ausnahme zur Regel, das künstli- che Mittel an die Stelle der natürlichen, organischen [Politik] setzt, und die Schiene nicht eben nur als Schiene angesehen wissen will. Zugegeben, es sei seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in Österreich manches wo nicht alles mit einem Ruck aus dem Geleise natürlicher Ent- wicklung geworfen worden; zugegeben, es habe sich als natürliche Folge hie- von ein höchst unnatürlicher Geist im Volke entwickelt, der seine nächsten Interessen nicht mehr erkennt, dem die Kraft und der Mut fehlt, sie selbstän- dig in die Hand zu nehmen, der [sich] auf jedem Tritt aus Furcht und Indo- lenz nach Regierungsschutz umsieht und ruft, da die lange Vormundschaft alle Selbständigkeit gebrochen, allen Mut kastriert, dass sich niemand mehr auf seinen Füßen zu stehen getraut; zugegeben ferner, dass es sehr schwer halten dürfte, aus den geeigneten Ständen des Volkes geeignete Personen he- rauszufinden, befähigt und entschlossen, die Kader für eine künftige natür- lich organische Verwaltung abzugeben; alles dieses zugegeben, so steht den- noch unerschütterlich fest, dass dieser Versuch gemacht werden muss, denn es handelt sich um nichts Geringeres als um den Bestand der Monarchie! –
zurück zum  Buch Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894"
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Titel
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
Autoren
Lothar Höbelt
Johannes Kalwoda
Herausgeber
Jiří Malíř
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20067-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
1144
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort und Editionsrichtlinien 7
  2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
  3. Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
  4. Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
  5. Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
  6. Bildtafeln 65
  7. Tagebuchaufzeichnungen 73
    1. 1850 75
    2. 1851 91
    3. 1852 104
    4. 1853 126
    5. 1854 145
    6. 1855 156
    7. 1856 170
    8. 1857 182
    9. 1858 189
    10. 1859 193
    11. 1860 195
    12. 1862 199
    13. 1863 212
    14. 1864 223
    15. 1865 255
    16. 1866 262
    17. 1867 307
    18. 1868 339
    19. 1869 353
    20. 1870 355
    21. 1871 356
    22. 1872 367
    23. 1873 375
    24. 1874 384
    25. 1875 400
    26. 1876 449
    27. 1877 497
    28. 1878 504
    29. 1879 530
    30. 1880 565
    31. 1881 589
    32. 1882 611
    33. 1883 653
    34. 1884 700
    35. 1885 728
    36. 1886 770
    37. 1887 793
    38. 1888 838
    39. 1889 881
    40. 1890 905
    41. 1891 945
    42. 1892 979
    43. 1893 1016
    44. 1894 1042
  8. Anhang 1059
  9. Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
  10. Reform des Adels 1059
  11. Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
  12. Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
  13. Bischof Franz Bauer 1074
  14. Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
  15. Tschechisch 1079
  16. Lateinisch 1081
  17. Ortsnamenkonkordanz 1082
  18. Deutsch – Tschechisch 1082
  19. Tschechisch – Deutsch 1086
  20. Literatur und Nachschlagewerke 1091
  21. Namensregister (Auswahl) 1115
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894