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124 Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege
che Wahl halten, doch der Schnee war gespurt und bildete dadurch sogar eine
Verbesserung des Weges. Auch die Flüsse, die nicht mit dem Schiff gequert wer-
den konnten, überschritt der Dichter bequem auf einer Furt oder einer Brücke.43
Im Jahr 718 reiste Bonifatius im Spätherbst nach Rom : Er hatte Glück und fand
günstige Verhältnisse vor.44 Am 17. Jänner 828 war der Freisinger Bischof Hitto in
Sterzing/Vipiteno und nur neun Tage später hielt er sich am 26. Jänner im rund
170 km entfernten Kloster Schäftlarn auf, wie die Urkunden der Freisinger Tradi-
tionen zeigen. Der Winter war demnach kein Hindernis, den Brenner und Fern-
pass (oder die Scharnitzenge) zu überschreiten. Angesichts des sicherlich nicht
kleinen Trosses des Bischofs ist auch die Reisegeschwindigkeit von etwa 18 km
am Tag beachtlich.45 König Arnulf urkundete im Jahr 888 am 19. März in Moos-
burg/Kärnten und am 1. April etwa 245 km weiter nördlich in St. Florian an der
Donau – er dürfte gutes Wetter gehabt haben.46 Im selben Jahr stellte Arnulf eine
Urkunde am 8. November wieder in Regensburg aus, am 26. Dezember befand
er sich schon mehr als 400 km weiter südlich in Karnburg. Der königliche Zug
legte also in den winterlichen Alpen rund 10–20 km pro Tag zurück, vermutlich
mehr, da es sicherlich Zwischenstationen gab.47 Eine weitere Überlieferung aus
dem Jahr 1363 zeigt, wie schnell man sich in den winterlichen Alpen fortbewegen
konnte : In Judenburg im Murtal urkundet Erzherzog Rudolf IV am 11. Jänner, um
dann schon am 18. Jänner in der rund 300 km weiter westlich liegenden Burg Ro-
deneck bei Brixen zu sein. Der Weg dorthin überschreitet zwar keine Pässe über
1.200 m, trotzdem bleibt die herzogliche Reisegeschwindigkeit von 40–50 km am
Tag beeindruckend.48 In der Vita Bernwardi des Thangmar wird die Strecke von
Hildesheim nach Rom über den Brenner oder Reschen, immerhin über 1.500 km,
43 Sidonius Apollinaris Epist. I, V. Zitat siehe FN 206 S. 152.
44 Wilibaldus, Vita Bonifatii V : „Omnibusque collectis, per singulos quosque dies, inminente hiemis
frigore, profecti sunt multasque sanctorum ecclesias orando adierunt, ut tutius, opitulante altithrono,
Alpina nivium iuga transcenderent Langobardorumque erga illos humanitatem mitius sentirent mi-
litumque malitiosam superbiae erocitatem facilius evaderent.“ MGH SS rer. Germ 57, S. 20.
45 Trad. Freis. ed. Bitterauf Nr. 550b und 551 S. 471 ff.. Dank für den Hinweis an Maximilian Diesenberger
vom Institut für Mittelalterforschung in Wien.
46 MGH DD Arn Nr. 20 und Nr. 21, S. 30 f., allerdings kann in dieser Urkunde auch das pannonische
Moosburg bei Zalavar gemeint sein. Zur Literatur dazu siehe Kahl, Das Fürstentum Karantanien FN
87. Für Karantanien spricht, dass Pannonien einen um rund 150 km längeren Reiseweg bedeutet.
47 MGH DD Arn Nr. 40 und Nr. 42, S. 58 und S. 60.
48 Hye, Mittelalterliche Sekundärverbindungen134 f., meint allerdings, die Quelle sei von fraglicher Au-
thentizität. Die Geschwindigkeit dürfte aber immerhin glaubwürdig sein, sonst hätte der vermutete
Fälscher wohl ein anderes Datum gewählt.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361