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Christentum 211
Ungeachtet dieser christlich-romanischen Traditionen in den Ostalpen galten
die herrschenden Slawen Anfang des 7. Jh. als nicht missionierbar. Der heilige
Columban wurde im Traum von einer Mission abgehalten,219 ebenso wie es einem
Mönch namens Agrestius schlichtweg verboten worden war, dort zu missionieren :
Nur besonders geeignete Menschen könnten sich dorthin aufmachen.220 Auch der
heilige Amandus versuchte sich bei den Slawen, doch er dürfte nicht viel Erfolg
gehabt haben, da es darüber hinaus keine Informationen gibt.221 Wo keine Zusam-
menarbeit mit den Mächtigen möglich war, wurde auch keine Aussicht zur Mis-
sion gesehen. Denn das Reich der Karantanen, das spätestens Mitte des 7. Jh. auf
dem Boden des ehemaligen Noricum von Slawen gegründet worden war, mag
zwar einen gewissen Anteil an römisch-einheimischen Traditionen übernommen
haben, das Christentum war jedoch kein Thema der Eliten.
Dies änderte sich ab den 40er-Jahren des 8. Jh., als der karantanische Fürst Bo-
ruth von den Awaren bedrängt wurde. Er wandte sich an den bairischen Herzog
Odilo, der ihm breitwillig zu Hilfe kam. Die Awaren konnten mit seiner Hilfe ab-
gewehrt werden, doch die Unabhängigkeit Karantaniens war verloren. Die Fürsten
standen nunmehr in Abhängigkeit zum bairischen Herzog und damit letztendlich
dem fränkischen Reich, was auch die christliche Erschließung des Landes bedeu-
tete. Die Söhne Boruths wurden als Unterpfand seiner Treue nach Baiern geschickt
und dort katholisch erzogen.222 Als einer dieser Söhne, Cheitmar, 752 zum Fürsten
der Karantanen erhoben wurde, war das der Anfang der Salzburgischen Mission.
Der erste Priester wurde 752 nach Karantanien geschickt, der erste Chorbischof
wirkte von 757 bis 763. In dieser Zeit wurden einige Kirchen gegründet. Als sich
eine einheimische Gruppe gegen den Herzog erhob, dem kurz darauf im Jahr 765
ein zweiter und 769 ein dritter Aufstand folgte, musste die Salzburger Kirche ihre
Aktivitäten einstellen. Bis 772 dürfte daher gar kein Salzburger Geistlicher mehr
im Land gewesen sein.223
Diese Zusammenfassung der Geschichte Karantaniens ist nur in einem einzi-
gen Werk überliefert, der Conversio Bagoariorum et Carantanorum. Diese ist damit
unter der heutigen Kirche eine spätantike bestanden hatte. (Siehe Abbildung 14 auf S. 201) Eit ler/
Reiter, Fundchronik Österreich 48, 456 f.
219 Jonas Vita Columbani II 27 MGH SS rer. Merov. 4, S. 104.
220 Jonas Vita Columbani I II 9 MGH SS rer. Merov. 4, S. 124.
Wood, The Missionary Life 37.
221 Vita Amandi Episcopi I, 16 MGH SS rer. Merov. 5, S. 439 f.; Wood, The missionary Life 39 ff.; Wolf-
ram, Grenzen und Räume 105 ; Pohl, „Das sanfte Joch Christi“ 265 f.
222 Wolfram, Grenzen und Räume 303 f.
223 Wolfram, Conversio 96.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361