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Zusammenfassung 297
Die alpinen Menschen des frühen Mittelalters lebten vor allem von Subsistenz-
wirtschaft, obwohl schon in römischer Zeit Produkte der Almwirtschaft exportiert
wurden. Etwaige Überschussprodukte dienten als Abgabe für den Grundeigentü-
mer, der Rest wurde an lokalen Märkten verhandelt. Eine Spezialisierung war nur
in wenigen Bereichen üblich, beispielsweise bei Hirten und Hirtinnen, der Eisen-
verarbeitung oder bei der Erzeugung von Specksteingefäßen. Andere Tätigkeiten
wurden von der lokalen Bevölkerung nebenher betrieben, etwa der Abbau von
Bodenschätzen für den persönlichen Bedarf.
Die natürlich vegetationsfreien Zonen oberhalb der Baumgrenze sind einfach
für die Viehwirtschaft nutzbar und bieten qualitativ hochwertiges Futter für das
Vieh. Zahlreiche Funde und Quellen weisen auf eine Entwicklung dieser Wirt-
schaftsform schon in römischer Zeit, es zeigen sich aber regionale Unterschiede.
In Noricum scheint die Schafzucht wichtig gewesen zu sein, hier gibt es viele
Hinweise auf eine römische Bewirtschaftung von Höhenlagen. Anderorts ist der
Nachweis einer vor- und frühmittelalterlichen Almwirtschaft schwieriger. Eine
weiträumige Transhumanz zwischen Mittelmeerküste und Gebirge gab es in den
Westalpen ab dem hohen Mittelalter und vermutlich auch in römischer Zeit, im
frühen Mittelalter scheint sie zum Erliegen gekommen zu sein. Hier sind in den
Quellen zahlreiche Hirten überliefert.
Der Ackerbau war den klimatischen Gegebenheiten angepasst. Das bedeutet,
dass vor allem robustes Getreide angebaut wurde. Erbsen, Linsen und Ackerboh-
nen waren in den West- wie Ostalpen beliebt, auch unter slawischer Herrschaft än-
derte sich hier wenig. Nicht überall konnte Wein angebaut werden, aber (wie auch
bei den anderen Anbaufrüchten) lag die Kultivationsgrenze in einigen Gegenden
bei günstiger Hanglage erstaunlich hoch.
Genutzt wurde alles verfügbare Land, auch scheinbar unbrauchbares wie sump-
fige Talauen. Diese dienten als Lieferant für Winterfutter und als Viehweiden, ge-
nauso wie die weiten Wälder der Alpen nicht nur Holz brachten, sondern auch als
Schweineweiden, für die Bienenzucht und die Jagd genutzt wurden. Das Ödland
des Hochgebirges diente ebenfalls als Weide- und Jagdgebiet.
Die Bewohner und Bewohnerinnen der Alpen lebten in der Zeit des frühen
Mittelalters nach den archäologischen Quellen recht einfach. Dennoch ist aus den
schriftlichen Nachrichten recht deutlich zu erkennen, dass auch im Gebirge der
Unterschied zwischen „reich“ und „arm“ regional teilweise sehr deutlich ausge-
prägt war und alle Stufen der Abhängigkeiten von den Eliten vorkamen. Freie
Bauerngemeinschaften sind in den Quellen nur schwer zu fassen. Abgelegene Ge-
birgstäler und deren Wälder machten es Menschen, die am Rande der Gesellschaft
standen, einfach, sich vor Autoritäten oder den Zugriff der Gemeinschaften der
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361