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Resümee 345
heren Täler der inneren Alpen aufgrund der geschützten Lage für die menschliche
Besiedlung günstiger sind als die niedrigen Hügellandschaften der Voralpen, die
vor allem durch den reichlichen Niederschlag kühler sind.
Dieser klimatischen Analyse liegt die Annahme zugrunde, dass sich das Klima
dieser Zeit nicht allzu sehr von dem heutigen unterschied. Dass man gerade davon
nicht wie selbstverständlich ausgehen kann, zeigen nicht nur die gegenwärtigen
klimatischen Verhältnisse, sondern auch die in der Forschung schon ausführlich
analysierte sogenannte „kleine Eiszeit“ des späten Mittelalters und der Neuzeit
und deren Auswirkungen auf die Menschen. Im Moment sind die naturwissen-
schaftlichen Daten für den Alpenraum noch nicht gleichmäßig erhoben und teil-
weise nur punktuell verfügbar. Letztendlich stellt sich aber die Frage, ob solche
klimatischen Schwankungen überhaupt Konsequenzen für die frühmittelalterli-
chen Alpenbewohner und -bewohnerinnen gehabt hätten. Die damals noch nicht
so dicht wie im Mittelalter besiedelten Alpen boten dem größten Teil der Men-
schen die Möglichkeit, nur an den siedlungsgünstigen Orten zu wohnen. Genau
hier zeigt ein kühleres und niederschlagsreicheres Wetter kaum Auswirkungen.
Für die sehr trockenen Täler des Alpeninneren mag so ein Klima sogar Vorteile
geboten haben. Erst um die Jahrtausendwende wurde langsam begonnen, auch
ungünstigere Plätze zu bewohnen, wo Kälteperioden sehr wohl einen negativen
Effekt haben konnten. Auch die Schäfer und Schäferinnen des frühen Mittelalters
wurden von einem kühleren Klima in Mitleidenschaft gezogen, denn vor allem in
den Ostalpen sind die Hochalmen aufgrund sommerlicher Kälteeinbrüche schnell
nicht mehr nutzbar.
Diese extremen Verhältnisse waren es, die die Wahrnehmung der Alpen von
außen am meisten beeinflusst hatten : laut den römischen Autoren war in den
Alpen immer Winter. Zusätzlich waren die Berge windig und steil sowie die Be-
völkerung wild und barbarisch. Eine Überquerung des Gebirges wurde daher als
Heldentat dargestellt, auch noch in Zeiten, als die Wege über die Alpen teilweise
sogar als Fahrstraßen ausgebaut waren und sich die Regionen in typische römische
Provinzen umgewandelt hatten. Diese Topoi prägten die Berichte über die Alpen
in den ersten Jahrhunderten des Imperiums und zeigen deutlich das Unbehagen,
das die aus dem Süden kommenden Römer angesichts des Gebirges empfanden.
Die Spätantike und vor allem das frühe Mittelalter kennt solche Gemeinplätze
jedoch kaum mehr. Die Ursache für diesen Wandel der Wahrnehmung ist in der
Herkunft der Quellen zu suchen, denn die Berichte über die Alpen stammen nun
fast ausschließlich von Menschen nördlich der Alpen. Für diese Menschen waren
schneebedeckte Landschaften nichts besonderes und den Pilgern und Pilgerinnen
aus Irland und Schottland wird auch die Hochgebirgslandschaft durchaus vertraut
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361