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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Vier Leitpanoramen | 59 mäß Raewyn Connell), vielmehr konkurrierten „mehrere Männlichkeitsideale um Hegemonie“.214 Erst im Krieg erlangte „die idealisierte Verbindung von Männlich- keit und Militär bzw. militärischen Werten“ in Cisleithanien die über Jahre hinweg andauernde Hegemonie215, wobei die hegemoniale Geschlechterordnung durchaus viele kriegsbedingte Transgressionen oder Irritationen kannte.216 Die ambivalente Militarisierung setzte bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg ein und manifes- tierte sich unter anderem in der Einführung der allgemeinen Männerwehrpflicht (1868) sowie im Kriegsleistungsgesetz (1912).217 Dennoch gab es keinen allgegen- wärtigen Hang, Drang oder Zwang zur Militarisierung. Die im Verlauf des Kriegs graduell steigende Militarisierung (inkl. ihrer Hierarchisierung, Normierung, Ra- tionalisierung und Entindividualisierung) blieb nicht auf die Erfahrungsräume der k.  u.  k.  Armee beschränkt, sondern erfasste sämtliche Bereiche des Grazer Alltags. Dazu sind einerseits das weitläufig akzeptierte Zurückdrängen bzw. Ausschalten demokratischer Errungenschaften mittels rigoroser Verordnungen und Ausnah- meverfügungen zugunsten hierarchischer Befehls- und Ordnungsprinzipien, andererseits das tägliche Aufzeigen und Anprangern diverser Einheitsgrenzen (Burgfriedensbrüche) zu zählen. Am deutlichsten manifestierte sich der Milita- risierungsprozess jedoch in der Bereitschaft, das eigene Leben für das „Vaterland“ und die „Heimat“ respektive für die eigene Familie zu „opfern“. Ermöglicht wurde diese schleichend sowie regional218 und personenspezifisch unterschiedlich aus- geprägte Ausbreitung militärischer Normen, Interessen und Praktiken zum ei- nen durch die in Cisleithanien seit Jahrzehnten vorangetriebene Militarisierung vieler Alltagsbereiche und zum anderen durch den Krieg selbst. Vor dem Ersten Weltkrieg war diese auf verschiedene Weise von „oben“ und „unten“ in die Wege geleitete Militarisierung weder omnipräsent noch omnipotent, zumal das Militär – quer durch alle Milieus – die späthabsburgische Gesellschaft polarisierte.219 Er- sichtlich wird dies am breiten Spektrum der damaligen Militär- und Militarismus- 214 Hämmerle (2005), 118. Grundlegendes zum Spannungsverhältnis zwischen Militär und Zivilbe- völkerung in Cisleithanien in: Cole/Hämmerle/Scheutz (2011). Einen Einblick in den Kasernen- alltag mittels Rückgriffs auf kommentierte Lebensbilanzierungen bietet: Hämmerle (2012) und (2011). 215 Hämmerle (2005), 118. 216 Hämmerle (2014), 32. 217 Allgemeines zum „kakanischen Militarismus“ und seiner „Volksbewaffnung“ in: Kronenbitter (2010a) und (2010b). Speziell zum Kriegsleistungsgesetz (1912) siehe: Grandner (1992), 37–55. Ein Abriss über die einzelnen Gesetze in: Wagner (1987), 485–494 [siehe auch die Lemmata „Gesetzartikel“ und „Landwehrgesetz“ im Index]. 218 Allgemeines zur Militarisierung Tirols in: Kuprian (2014). 219 Ich stütze mich hier auf den Sammelband von: Cole/Hämmerle/Scheutz (2011).
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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