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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Der „Demarche-Rummel“ | 103 reits mit der Sistierung des cisleithanischen Reichsrats im März 1914 um ein Viel- faches erhöhte, rissen daher in Folge des Attentats nicht ab. Dasselbe galt für den steirischen Nationalitätenkonflikt, der seit Ende Juni 1914 – auch mittels der ande- ren Nationsfragen (Böhmenfrage, Polenfrage usw.) – schärfer denn je geführt wurde. „Wo der Tscheche Geld haben will, kann er sogar – Deutsch“ las man bei- spielsweise im Tagblatt.158 Schlussendlich war für diese Zeitung „die panslawisti- sche Gesinnung der Tschechen“ evident159 und im ersten Kriegsjahr unterstellte das Tagblatt mehrmals, dass die „Tschechen“ nicht „patriotisch“ gewesen wären. Andauernd fragten sich die radikalen Deutschnationalen rhetorisch „Was verste- hen die Tschechen unter ‚Patriotisch‘?“160 und meinten damit, dass sie regelrecht gegen die Interessen des Staats agieren würden. Die Regierung und die Nationsfra- gen waren somit vor dem 28.  Juni ein zentraler Bestandteil der Grazer Presse und sie blieben es auch nach dem Attentat von Sarajevo. Anders verhielt es sich mit dem Wahlkampf zum Grazer Gemeinderat und den anderen Großthemen. Zu den durch „Sarajevo“ schnell von der Presse vernachlässigten, aber nicht zur Gänze außer Acht gelassenen Themen zählten: die „Kaizl-Affäre“, die „Home Rule“-Aus- einandersetzung in Irland, die albanische Nationalbewegung (Österreich-Ungarn verstand sich als „Schutzmacht“ Albaniens) sowie die heftig geführten Diskussio- nen über die Effektivität und die Finanzierung der k.  u.  k.  Armee (man debattierte über das Heeresbudget, die Flottenpolitik, die Handhabung der allgemeinen Wehr- pflicht, die Soldatenmisshandlungen und über diverse Unfälle).161 Obwohl es stimmt, dass seit dem Attentat die (letztendlich gescheiterten) Ausgleichsverhand- lungen mit Böhmen in den Hintergrund gerieten, wurde dennoch die Böhmen- frage nach wie vor in den Artikeln gestellt und parteikonform beantwortet. Das radikal deutschnationale Tagblatt berichtete pausenlos von „deutschfeindlichen“ Ausschreitungen und Protestversammlungen in Böhmen, Mähren und Galizien.162 Abseits seiner regelmäßigen Kritik an den „Slowenen“ schaffte es die Polenfrage 158 Die Unübersetzbarkeit der Prager Straßennamen, in: Grazer Tagblatt, 20.6.1914, 5. 159 Die Probe, in: Grazer Tagblatt, 24.7.1914 (Abendausgabe), 1. 160 Was verstehen die Tschechen unter „Patriotisch“?, in: Grazer Tagblatt, 21.10.1914, 3. 161 Hinter der „Kaizl-Affäre“ steckt die Publikation einschlägiger Briefe des tschechischen Politikers und Universitätsdozenten Josef Kaizl (1854–1901), in denen er die Praxis tschechischer Politiker (z.  B. bei der Postenvergabe) in mehrfacher Hinsicht als unredlich diskreditierte. 162 Die Jungtschechen und die deutsch-tschechischen Verhandlungen, in: Grazer Tagblatt, 7.7.1914 (Abendausgabe), 2; Hausdurchsuchungen in Prag, in: Grazer Tagblatt, 8.7.1914, 16; Tschechische Gewalttaten in Mähren, in: Grazer Tagblatt, 7.7.1914 (Abendausgabe), 2; Ein neuer Sokolein- bruch in Brünn, in: Grazer Tagblatt, 8.7.1914, 16; Die deutschfeindlichen Ausschreitungen in Galizien, in: Grazer Tagblatt, 7.7.1914 (Abendausgabe), 2; Die Deutschenhetze in Galizien, in: Grazer Tagblatt, 8.7.1914, 16.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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