Page - 131 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Zur Trauerstimmung | 131
erflor umhüllt.“325 Des Weiteren stellten „[v]iele Geschäftsleute“ Lampen in ihre
Schaufenster.326 Hier deutete sich bereits etwas an, was sich nach Kriegsausbruch
(28. Juli) nur intensivierte. Der Grazer Mittelstand trug nämlich mithilfe seiner
Schaufenster enorm zum staatsloyalen und militarisierten Stadtbild bei.327
In Graz und seinen „Vororten“ gab es neben den Trauergottesdiensten328 meh-
rere Trauerkundgebungen, bei denen man das Attentat offiziell verurteilte, eine
Rede auf das Thronfolgerpaar sowie eine Schweigeminute hielt. Derartige Kundge-
bungen hielten unter anderem der Grazer Stadtrat, der Landesschulrat, die Schu-
len (schulfrei), die städtische Armendirektion, das Grazer k.
k.
Bürgerkorps329, der
„Verein für Heimatschutz in Steiermark“ oder das Grazer Präsidiums des Öster-
reichischen Bunds der Vogelfreunde ab. Daneben gab es noch andere Trauerkund-
gebungen und sie alle fanden vorrangig in der ersten Julihälfte statt.330 Nichtsdes-
toweniger ging man nach der jeweiligen Kundgebung wieder zur Tagesordnung
über.331 Das bedeutete auch das Beheben der Unwetterschäden. Das Vorhaben des
Bürgerkorps von Anfang Juli, Franz Ferdinand, der Protektor des Bürgerkorps war,
ein Denkmal zu errichten332, wurde nicht realisiert. Eine Gedenktafel an seinem
Geburtshaus in der Grazer Sackstraße konnte mit Hilfe des Regierungskommissärs
dennoch realisiert werden.333 Einige Vereine setzten auch ein Beileidstelegramm
oder ein Kondolenzschreiben auf, die sie an die Statthalterei mit Bitte um Weiter-
leitung an den Wiener Hof sendeten (z.
B. der Vorstand der Grazer Ortsgruppe des
325 Ebd.
326 Ebd.
327 Siehe das Kapitel: Kaiserfeiern rund um den 18. August.
328 Für die evangelischen Kirchen und die Synagoge vgl. etwa: Trauergottesdienst der evangelischen
Gemeinde A. u. H. B. [linkes Murufer], in: Grazer Tagblatt, 8.7.1914, 5; Der Kultusrat der isra-
elitischen Kultusgemeinde Graz, in: Grazer Volksblatt, 1.7.1914, 3. Für die „Vororte“ vgl. exem-
plarisch: Mariatrost. (Trauerkundgebung in der Gemeinde Fölling.), in: Grazer Vorortezeitung,
12.7.1914, 2.
329 Das k. k. Bürgerkorps war Teil des k. k. Landsturms.
330 Berichte über diese Trauerkundgebungen lassen sich den Juliausgaben des Tagblatts entnehmen.
331 Die Trauerkundgebungen des Grazer Stadtrats und des steirischen Landesausschusses wären hier
Beispiele dafür. Zur Trauerkundgebung des Grazer Stadtrats siehe: Trauerkundgebung anläßlich
des Todes des Thronfolgers und seiner Gemahlin, in: Amtsblatt der landesfürstlichen Hauptstadt
Graz (30.6.1914), 327. Zur Trauerkundgebung des steirischen Landesausschusses siehe: Moll
(2014), 37.
332 Ein Denkmal und eine Gedenktafel für weiland Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand-Este, in:
Grazer Tagblatt, 22.7.1914, 3.
333 Gedenktafel am Geburtshause des verstorbenen Erzherzog-Thronfolgers, in: Amtsblatt der lan-
desfürstlichen Hauptstadt Graz (20.7.1914), 372.
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Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Title
- Graz 1914
- Subtitle
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Author
- Bernhard Thonhofer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln- Weimar
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 510
- Keywords
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453