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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Großbritannien und Italien | 183 es so weit kommt, dennoch richtet sich am Grabe all der bisher gehegten Hoffnungen eine neue Hoffnung auf! Zu furchtbar ist schon, was bisher sicher ist, die geängstigte Menschheit hofft immer noch, daß es nicht noch furchtbarer werde. Die nächsten Stun- den werden die Entscheidung in England und Frankreich bringen – [...  werden] sie auch die letzten Hoffnungen zertreten, wird der blutige Kampf nicht bloß zwischen Deutsch- land-Österreich mit der östlichen Barbarei des fluchbeladenen Zarismus toben, wird auch zwischen die Kulturnationen des westlichen Europas die Kriegsfurie die Brandfa- ckel werfen?“248 Nachdem am gleichen Tag (4.  August) Großbritannien seine Beziehungen zu Deutschland abgebrochen hatte, waren alle Lokalisierungshoffnungen vorüber. Die vorangegangene Annahme, dass die diplomatischen Lokalisierungsbemühun- gen Großbritanniens ernst zu nehmen seien249, wich (zeitversetzt) dem oftmals artikulierten Vorwurf, dass Großbritannien ein „Königsmördervolk“250 schützen würde. Der Arbeiterwille missbilligte darüber hinaus vielfach den aus seiner Sicht fatalen Leichtsinn, mit dem einige an die „Strafexpedition“ gegen Serbien heran- traten. So schrieb er am 6.  August, dass sich „heute wohl auch die Leichtsinnigen keiner Täuschung mehr hin[geben], die geneigt waren, den Krieg Österreichs mit Serbien als eine Spielerei zu betrachten.“251 In den ersten Kriegswochen drehte sich der Kriegsgrund eigentlich nur um den Appell: „Verteidigung!“ Begleitet wurde diese Kriegslegitimation durch eine breit angelegte Stigmatisierung und Krimi- nalisierung der Kriegsgegner mittels traditioneller Feindfiguren. Diese Zuschrei- bungen fächerten sich entlang der seit Jahren perpetuierten und pejorativen „Na- tionalstereotype“ auf und wurden im Falle Frankreichs und Großbritanniens (das einstige „Brudervolk“252) unmittelbar nach dem Bekanntwerden des jeweiligen Kriegszustands artikuliert (Im Falle Serbiens und Russlands schon vorher). In den bürgerlichen Zeitungen und Zeitschriften lässt sich bezüglich ihrer Abneigung ge- genüber der russischen, französischen sowie der britischen Bevölkerung von Be- ginn an keine Trennung zwischen der „Politelite“ und der Bevölkerung erkennen. Dagegen entrüstete sich der Arbeiterwille im ersten Kriegsjahr oft nur über die je- weiligen politischen „Kräfte“ Russlands, Frankreichs und Großbritanniens: „Nicht 248 England und Frankreich an dem Wendepunkte, in: Arbeiterwille, 4.8.1914, 1. 249 Die ersten Kämpfe an der Save, in: Arbeiterwille, 30.7.1914, 1; Kämpfe vor Belgrad, in: Arbeiter- wille, 31.7.1914, 1. 250 Der Begriff „Königsmördervolk“ findet sich z.  B. in dem Artikel: Der Krieg, in: Sonntagsbote, 9.8.1914, 1. 251 Ganz Europa in Bewegung!, in: Arbeiterwille, 6.8.1914, 1. 252 Am Vorabende des Weltkrieges, in: Grazer Tagblatt, 2.8.1914, 1.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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