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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Innenstadt und Bahnhof220 bereits in ein und derselben Zeitung. Die Glorifizierung der eigenen Waffen verlief weitgehend entlang der Begriffe „Kultur“ und „Erfindergeist“. So galt mitunter die „Dicke Bertha“ (der „großer Brummer“ oder die „fleißige Berta“) für die bürger- liche Presse als „deutsche[s] Wundergeschütz“.442 Die französische und britische Waffen- und Aufklärungstechnik subsumierte man dagegen zum Teil unter dem Begriff der „Unkultur“, da sie „unnötige Schmerzen und schweres Siechtum“ ver- ursachen würden.443 Etwaige Stellungnahmen in puncto „vormodernes“ Rüstzeug (Säbel etc.) finden sich dagegen nur in Nuancen. Das partielle Mokieren über die Ineffizienz der gegnerischen Waffen- und Aufklärungstechnik verlief meistens ent- lang des Topos einer vorbeischießenden russischen Armee und deren nicht funkti- onierender Granaten.444 Vielfach sprach man auch von den „furchtbarsten Waffen“, die die Welt je gesehen hatte.445 Für das Volksblatt zählte vor allem „das Maschi- nengewehr mit seiner enormen Schußzahl in der Minute“ zu „den furchtbarsten Waffen der modernen Schlacht“.446 Zeitgleich idealisierte das Volksblatt den Krieg als etwas „Reinigendes“. Was man sich nun unter dieser „Erneuerung“ vorzustellen habe, hängt davon ab, welchen Artikel man liest. Manchmal empfand das Volks- blatt den Krieg als „Katharsis“, weil er die Sozialdemokratie auflösen werde. In an- deren Artikeln – hauptsächlich jene, die die katholischen Pfadfindergruppen glo- rifizierten – kolportierte das Volksblatt, dass der Krieg die „verweichlichten“ und „verrohten“/„verwahrlosten“ Kinder und Jugendlichen „erneuern“ werde.447Neben den mehrmals geschilderten Formen, wie man im Krieg getötet werden konnte, thematisierte die Presse des Öfteren die einzelnen Verwundungsgrade. Dabei ak- zentuierte die Presse an manchen Stellen, dass die Verwundungen nicht schwer- wiegend seien. An anderen Stellen kolportierten dieselben Zeitungen, dass die Dum-Dum-Geschosse448, Granaten, Gewehrschüsse inklusive deren Querschläger 442 Alle Zitate stammen aus: Die 42 Centimeter-Belagerungsmörser, in: Grazer Volksblatt, 27.8.1914 (12-Uhr-Ausgabe), 2; Der 42-Zentimeter-Mörser, in: Grazer Tagblatt, 18.10.1914 (2.  Morgenaus- gabe), 9; Deutschlands Geheimnis, in: Grazer Vorortezeitung, 30.8.1914, 4. 443 Dum-Dum-Geschosse in alter Zeit, in: Grazer Mittags-Zeitung, 24.9.1914, 4. 444 Wie die Russen vorbeischießen, in: Grazer Mittags-Zeitung, 20.8.1914, 2; Granaten, die nicht explodieren, in: Grazer Mittags-Zeitung, 22.8.1914, 4. 445 Der Krieg, in: Sonntagsbote, 9.8.1914, 1. 446 Im Maschinengewehrfeuer, in: Grazer Volksblatt, 9.9.1914 (12-Uhr-Ausgabe), 4. 447 Siehe das Kapitel: Pfadfinder und Wandervogel. 448 Der damals vielfach geäußerte Vorwurf, dass die britische Armee Dum-Dum-Geschosse (Teil- mantelgeschosse, Hohlspitzgeschosse) einsetzen würde, konnte nie nachgewiesen werden. Vgl. den Lexikonartikel „Dumdumgeschosse“ von Gerhard P. Groß in: Hirschfeld/Krumeich/Renz (22014), 450.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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