Page - 246 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Innenstadt und
Bahnhof246
Das Grazer Frauenhilfskomitee (oder „Steiermärkische Frauenhilfsausschuß“)
wurde von Marie von Rokitansky, der Präsidentin der Grazer Ortsgruppe der
Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs, angeregt. Als Schirmherrin fun-
gierte Franziska von Clary und Aldringen (Sie war unter anderem die Ehefrau
des Statthalters). Den Vorsitz führte Fanni von Pitreich. Die Leitung oblag He-
lene von Fleischhacker.594 Die Zentrale wurde in der Grazer Burg untergebracht.
Sammel- und Produktionsstätten befanden sich unter anderem in der Alten Uni-
versität sowie in der Frauengewerbeschule des Steiermärkischen Gewerbevereins
(Nähstuben und Küche). Am überparteilichen und überkonfessionellen Frauen-
hilfskomitee, das mehr oder minder in den Händen des Allgemeinen deutschen
Frauenvereins (Präsidentin Henriette Pokorny) und der Katholischen Frauenorga-
nisation lag, beteiligten sich viele Grazer Vereine unterschiedlicher Ausrichtung.
Slowenische und kroatische (Frauen-) Vereine nahmen nicht am Frauenhilfskomi-
tee teil.595 Der sozialdemokratischen Arbeiterinnen-Zeitung (Wien) zufolge nah-
men die (organisierten) sozialdemokratischen Frauen nur an einigen offiziellen
Sitzungen des Frauenhilfskomitees teil.596 Grundsätzlich formierten sie sich in der
„Almanach des Kriegsjahres 1914–15“ wurde von mir auf das Jahr 1915 datiert, weil sie seit März
1915 in den Zeitungen beworben wurde, vgl. beispielsweise: Kriegsalmanach der patriotischen
Frauen Österreichs, in: Grazer Tagblatt, 13.3.1915 (Abendausgabe), 2. Die undatierte Broschüre
„Frauen-Kriegskalender 1915“ wurde von mir auf das Jahr 1914 datiert, weil sie bereits im De-
zember 1914 zum Verkauf angeboten wurde, vgl. exemplarisch: Ein Frauen-Kriegskalender, in:
Grazer Tagblatt, 22.12.1914 (2. Morgenausgabe), 4.
594 Später übernahm Ada Fizia die Führung des Frauenhilfskomitees. Sie engagierte sich in deutsch-
nationalen Vereinen und war die Frau des 1917 gewählten Grazer Bürgermeisters Adolf Fizia,
vgl. dazu auch: Schmidlechner/Ziegerhofer/Sohn-Kronthaler/Sonnleitner/Holzer (2017), 22, 38,
260.
595 Folgende Vereine beteiligten sich zumindest anfänglich (und wenn auch „nur“ via Spenden)
am Aufbau des Frauenhilfskomitees: Verein für Armenpflege und Kinderfürsorge, Allgemeiner
deutscher Frauenverein, Verein deutscher Kindergärtnerinnen, Dienstmädchen-Schulverein,
Evangelischer Frauenhilfsverein rechtes Murufer „Edelweiß“, Evangelischer Armenunterstüt-
zungsverein, Frauenverein St. Andrä, Frauenverein Graben, Frauenverein Maria-Himmelfahrt,
1. und 2. Frauenortsgruppe des Deutschen Schulvereins, 1. und 2. Frauenortsgruppe des Ver-
eins Südmark, 3. Mädchenortsgruppe des Vereins Südmark, Gustav-Adolf-Frauenverein, Verein
Hauskrankenpflege, Verband der deutschen Hochschülerinnen, Krippen- und Kinderbewahr-
anstalt, Katholische Frauenorganisation Steiermarks, Katholischer Frauenverein der werktätigen
christlichen Liebe, Verband deutscher Hochschülerinnen, Jüdischer Frauenverein, Lesezirkel
jüdischer Frauen und Mädchen, Bund abstinenter Frauen, Reichsorganisation der Hausfrauen,
Sozialdemokratische Frauenorganisation, Vereinigte Lehrerinnen.
Ich kenne nicht jeden dieser Vereine. Viele dieser Vereine werden beschrieben von: Schmidlechner/
Ziegerhofer/Sohn-Kronthaler/Sonnleitner/Holzer (2017).
596 Die Frauen Steiermarks während der Kriegszeit, in: Arbeiterinnen-Zeitung, 15.12.1914, 5.
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Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Title
- Graz 1914
- Subtitle
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Author
- Bernhard Thonhofer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln- Weimar
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 510
- Keywords
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453