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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Innenstadt und Bahnhof250 auf die Burgfriedensmetaphorik zurück.611 In vielen Fällen sprach man lediglich von der „richtigen“ Art und Weise, wie man „Patriotismus“ leben sollte. Mehr- fach zirkulierte auch die Rede vom Ende des „Nationalitätenhaders“. So schrieb die bürgerliche Presse in ihren Leitartikeln oft über das Begraben der „Nationalitäten- streitaxt in Oesterreich“612, da die „vielen Nationen [...] die kleinen Beschwerden des Alltags vergessen“613 haben. Am Ende sind das „Staatsgefühl, das wir solange vermißt“ sowie „der leitende Gedanke, der uns bei den inneren Kämpfen abhan- den gekommen [...] mit Urkraft lebendig geworden.“614 Die Tagespost sprach auch von einem begeisterten „Staats- und Selbstgefühl“, das „die Gaue der Monarchie durchbraust“615 sowie von einem erwachten „alte[n] Kriegergeist, der Österreichs Völker seit Jahrhunderten beseelte und den die Feinde des Reiches entschlafen meinten“616. Und das Volksblatt sprach pausenlos von dem „ruhmreiche[n] und überraschende[n] Sieg des Staatsgedankens über das Nationalitätenprinzip“.617 Zu- dem griff die Grazer Presse teilweise auf den Begriff „Gottesfriede“ zurück. Aber selbst diese Redewendung kannte „mehrere“ Auslegungen. Unter dem „Gottesfrie- den“ verstand beispielsweise die (deutschnationale) Deutsche Zeitung das Been- den der politischen Konflikte zwischen den deutschen (daher nicht den „slawi- schen“) Parteien Österreichs: „Seit Kriegsausbruch besteht unter allen deutschen Parteien Oesterreichs ein Gottesfriede.“618 Präzisiert wurde diese Vision wie folgt: „Die große Zeit, die mit übermächtiger Gewalt über uns hereingebrochen ist, hat den Hader der deutschen Parteien Oesterreichs zum Schweigen gebracht und das erfreuliche Ergebnis gezeitigt, daß sich alle deutschen Parteien von der äußersten Linken bis zur Rechten in den großen Dienst des Reiches und des Vaterlandes gestellt haben.“619 Für die Sozialdemokratie, respektive für den Arbeiterwillen, würde der „Got- tesfriede“, den der deutsche Kaiser Wilhelm  II. proklamierte, in der „Donaumo- narchie“ nicht funktionieren. Ausschlaggebend hierfür seien – seiner mehrfach bekundeten Auffassung zufolge – mächtige Interessengruppen, die ihre eigenen Vorstellungen, wie der Krieg zu führen sei, nicht den Belangen des Staats bzw. des 611 In Deutschland war hingegen der Begriff „Burgfrieden“ omnipräsent. 612 14 Kriege, in: Grazer Mittags-Zeitung, 8.9.1914, 1. 613 Ein einig Volk von Brüdern, in: Tagespost, 7.8.1914, 1. 614 Die Slawen Österreichs in der großen Zeit, in: Tagespost, 15.8.1914, 1. 615 Die falsche Rechnung auf Oesterreichs innere Schwäche, in: Tagespost, 13.8.1914, 1. 616 Kaisers Geburtstag, in: Tagespost, 18.8.1914, 1. 617 Ein einig Volk von Brüdern, in: Grazer Volksblatt, 15.8.1914, 1. 618 Der Burgfriede der deutschen Parteien und die großen Zukunftsfragen des Reiches und der Deutschen Österreichs, in: Deutsche Zeitung, 6.12.1914, 1. 619 Ebd.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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