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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen264 Androhung von Strafen, was natürlich auch geschah.“45 Die bürgerlichen Zeitun- gen beschäftigten sich anfänglich nur selten mit den Hamsterfahrten (aufs Land).46 Dort, wo sie es tat, ergriff sie aber nie dezidiert Partei für eine der beiden Seiten. Mit der Zeit schlug sich beispielsweise die (bürgerliche) Mittags-Zeitung bezüglich der Frage, ob Hamsterfahrten aufs Land moralisch legitim sind, dann doch auf die Seite der Städterinnen und Städter. In den letzten beiden Kriegsjahren ergriff sie regelmäßig Partei „für den kleine[n] Rucksackverkehr, der [sich] nur die allerdrin- gendste Zubuße“ verschaffe.47 Mehrmals kritisierte sie die „scharfe Maßnahme“, dass man den Menschen ihre „mit großer Mühe nach Graz geschleppten Kartof- feln“ am Bahnhof abnahm.48 Die Mittags-Zeitung gab daher einige Male bekannt, wann und wo das Militär zur Beschlagnahmung bereitstand.49 Das tat sie, weil sie die Beschlagnahmungen für überzogen hielt: „Wie wir erfahren [haben], sind auch vorigen Sonntag [den 16.  September 1917] zahlreiche Leute, die sich rucksack- weise Kartoffeln vom Lande holten, in die aufgestellten Fallen gegangen“.50 Im Zuge dessen wurde ihre „schwer erkämpfte Beute beschlagnahmt.“51 Die hier zitierte Parteinahme setzte mit folgendem Satz fort: „Ob man gut tut, gegen diese Versuche der Selbstproviantierung mit aller Strenge vorzugehen, ist sehr die Frage.“ Zudem echauffierte sich die Mittags-Zeitung über diejenigen Bauern und Bäuerinnen, die sich gegen die hamsternde Stadtbevölkerung wehrten. Viele dieser Ausschreitun- gen wurden von der Mittags-Zeitung als „Beispiel grenzenlosen Bauernübermutes und von Ro[h]heit, wie sie leider in der Landbevölkerung immer mehr um sich greifen“, angesehen.52 Die Landbevölkerung zeige dabei „gegen die Städter Haß und Verachtung, die durch nichts begründet sind.“53 Aussagen wie diese verdeut- lichen, dass sich der Stadt-Land-Konflikt mehr und mehr verschärfte. In einem Leitartikel des Arbeiterwillens aus dem Jahr 1916 hieß es diesbezüglich: „Der Krieg hat die Gegensätze zwischen Stadt und Land, die ja vordem schon bestanden haben, ungemein verschärft. Die die fast ausschließlichen materiellen Opfer des Krieges sind, sahen, wie durch den Krieg auf dem Lande immer größere Wohlhabenheit einge- 45 Ebd. 46 Mit den Hamsterkäufen in der Stadt beschäftigten sie sich hingegen sehr wohl. 47 Achtung Hamster!, in: Grazer Mittags-Zeitung, 24.5.1918, 2. 48 Die Kartoffelversorgung, in: Grazer Mittags-Zeitung, 4.9.1917, 3. 49 Achtung Hamster!, in: Grazer Mittags-Zeitung, 24.5.1918, 2. 50 Hamsterfallen, in: Grazer Mittags-Zeitung, 19.9.1917, 3. 51 Ebd. 52 Bauernübermut, in: Grazer Mittags-Zeitung, 6.7.1918, 2. 53 Ebd.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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