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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen308 galt es, den leergewordenen Papststuhl – nicht zuletzt aufgrund der turbulenten und ereignisreichen Tage – schnell neu zu besetzen. Schon am 3.  September trat der neue Papst Benedikt  XV. sein Amt an. Großer Beliebtheit konnte er sich in den ersten Jahren seines Pontifikats nicht erfreuen. Für das katholisch geprägte Frankreich war er schlichtweg der „papa boche“ (was frei übersetzt so viel wie „ein Freund der Deutschen“ bedeutet) und in Deutschland nannte man in häufig den „französischen Papst“.315 Der Grund hierfür lag darin, dass man seinen dip- lomatischen Friedensvorstößen im Grunde genommen misstraute, da man davon überzeugt war, dass er ein „Doppelspiel“ spiele.316 Der Tod von Papst Pius  X. und das anschließende Konklave fielen zeitlich mit Japans Kriegseintritt (23.  August) und den Grazer Kaiserfeiern zusammen. Wie bereits an anderer Stelle vermerkt317, erweiterte sich daher das die bürgerlichen Stadtbezirke prägende schwarz-gelbe Flaggenmeer um schwarze Trauerfahnen. Am Trauergottesdienst am 25.  August im Grazer Dom nahmen hauptsächlich staatliche und staatsnahe Institutionen teil (Gerichte, Kaufmannschaft, Gymnasien, Technische Hochschule, Bezirkshaupt- mannschaft Graz, Polizei-Direktion Graz und so weiter).318 Am Dankgottesdienst infolge der Wahl Giacomo della Chiesas zum neuen Papst Benedikt  XV. beteiligten sich mehr oder minder dieselben Institutionen. Abgehalten wurde er am 6.  Sep- tember im Grazer Dom.319 Die Verschränkung zwischen dem österreichischen Kaisertum und der römisch- katholischen Kirche bestand seit Langem und kulminierte zu Kriegsbeginn 1914 in einer umfassenden Kriegslegitimation von Seiten der römisch-katholischen Kirche.320 Mit Ausnahme des Bischofs von Trient (Trento) unterstützten alle ös- terreichischen Bischöfe die Kriegsanstrengungen des Staats massiv. Fürstbischof Cölestin Endrici von Trient orientierte sich konträr zu den anderen Bischöfen in erster Linie am Papst. Eine klare Stellungnahme für die Interessen der habsbur- gischen Monarchie gab er nicht ab, zumal er der Verschränkung des österreichi- schen Episkopats mit dem Kaiserhaus sehr skeptisch gegenüber stand. Für seine Haltung wurde er 1916 in einem Kloster interniert. Dieser Fall stellt aber eine 315 Vgl. erneut den Aufsatz „Religion“ von Annette Becker in: Hirschfeld/Krumeich/Renz (22014), 192–197, 194. 316 Zu Papst Benedikt  XV. im Weltkrieg (teils glorifizierend): Rocca (2009). 317 Siehe das Kapitel: Kaiserfeiern rund um den 18.  August. 318 Abseits der Presse in diesen Tagen vgl. den betreffenden Akt: StLA, Statt. Präs. A1a/1990/1914. 319 Neben den damaligen Zeitungen vgl. auch den Akt: StLA, Statt. Präs. A1a/2120/1914. 320 Die Bemerkungen über die Verschränkung zwischen dem österreichischen Kaisertum und der röm.-kath. Kirche im Ersten Weltkrieg folgen zur Gänze: Strauß (2014); Rettenwander (2005); Achleitner (1997), des Weiteren: Moll (2010), 453.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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