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| Alltag und
Einheitsprüfungen376
und in Gösting.665 Zudem übernahm das Korps die Rolle der „Ehrenposten“ des
Statthalters. Ebenso überstellte das Bürgerkorps die Gefangenen vom Garnisonsar-
rest ins Landesgericht.666 Zusätzlich trat das Korps weiterhin mit seiner Musikka-
pelle auf. Gespielt wurde im Rahmen einiger Zapfenstreiche, wie beispielsweise
jener anlässlich der (kurzfristigen) Besetzung von Belgrad (Beograd), ebenso auf
diversen Wohltätigkeitsabenden (z. B. jenem zugunsten des Silbernen Kreuzes),
zudem auf ihrer eigenen Weihnachtsfeier im Grazer Orpheum, ferner bei einem
Promenadenkonzert auf dem Opernhausbalkon sowie anlässlich der Silvesterfeier
im Schwechater Bräu.667 Wie in der Vergangenheit spielte das Korps in der Adv-
entzeit am häufigsten im Café Hilmteich, wo man neben der Möglichkeit, Tee oder
Kaffee zu trinken, auch auf dem Hilmteich Schlittschuhlaufen konnte.668 Zusätz-
lich wurde dem Bürgerkorps die vom Hauptfeldmeister des Steirischen Pfadfin-
derbunds Douglas Pflichtenheld initiierte und organisierte Jungschützenabteilung
angegliedert.669 Anfang Oktober verfügte die Jungschützenabteilung bereits an die
100 Mitglieder.670 Diese stammten hauptsächlich aus den Grazer Mittelschulen.
Ihre Inspizierungen und Einkleidungen fanden unter anderem auf dem Universi-
tätsplatz und in der Industriehalle statt.671 Was nun der genaue Aufgabenbereich
der Jungschützenabteilung war, geht aus der Presse und den Akten nur vage her-
vor. Der Regierungskommissär warnte zum Beispiel „ernstlich“ davor, unifor-
mierte Jugendliche (Jungschützenabteilung, Pfadfinder) zu „Sicherheitsdienste[n]
heranzuziehen, oder gar zu diesem Zwecke mit Waffen zu versehen.“672 Der Presse
zufolge handelte es sich bei der Jungschützenabteilung „um eine Jugendorganisa-
tion, aus deren Reihen die k. k. freiwilligen Schützen willkommene Verstärkung“
finden sollten.673
665 Marauschek (1978), 34–36, 49.
666 Ebd., 35 f.
667 Zu den Quellen: Zapfenstreich, in: Grazer Mittags-Zeitung, 3.12.1914, 3; Edison-Theater [An-
nonce], in: Arbeiterwille, 14.8.1914, 6; Festvorstellung, in: Grazer Mittags-Zeitung, 3.12.1914, 3;
Promenadekonzert am Ring, in: Grazer Mittags-Zeitung, 9.11.1914, 3; Silvesterfeier im Schwe-
chater Bräu, in: Arbeiterwille, 31.12.1914 (Abendausgabe), 2.
668 Hilmteicheislauf, in: Arbeiterwille, 3.12.1914, 3.
669 Grazer Stadtrat an Statthalterei-Präsidium, 4.9.1914 und 12.11.1914, in: StLA, Statt. Präs.
E91/2054/1914.
670 Parade des Grazer Jungschützenkorps, in: Grazer Mittags-Zeitung, 5.10.1914, 3.
671 Jungschützenkorps, in: Grazer Mittags-Zeitung, 31.8.1914, 3.
672 Grazer Stadtrat an Statthalterei-Präsidium, 4.9.1914, in: StLA, Statt. Präs. E91/2054/1914.
673 K. k. freiwillige Schützen, in: Grazer Mittags-Zeitung, 1.4.1915, 3. Die zunächst angedachten
k. k. freiwilligen Schützen wurden letztendlich im Frühjahr 1915 geschaffen und sofern man 17
Jahre alt war, konnte man sich ihnen anschließen.
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Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Title
- Graz 1914
- Subtitle
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Author
- Bernhard Thonhofer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln- Weimar
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 510
- Keywords
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453