Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Page - 379 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 379 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Image of the Page - 379 -

Image of the Page - 379 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße

Text of the Page - 379 -

Neue Wachposten | 379 als Chance für eine Invasion nützen könnten.684 Solche Befürchtungen verließen aus meiner Sicht aber nie die Akteninnenzirkulation der Behörden. Maßgebliche Invasionsängste lassen sich innerhalb der Bevölkerung, wie erwähnt, nicht grei- fen. Man hatte zwar erhebliche Angst vor der Infiltration („Spinnennetz“). Ebenso hatte man Angst vor einer Infektion („Asiatische Cholera“). Aber „richtige“ In- vasions- und Deportationsängste, wie man sie in Belgien oder in Nordfrankreich verspürte, lassen sich für Graz nicht bestätigen. Unter den Privatpersonen, die die Bildung eines Wehrkorps oder einer Bürgerwehr forderten, befand sich der Grazer Rechtsanwalt Jakob Stolzer. Bereits Anfang August schlug er (erfolglos) den Be- hörden die Schaffung eines Grazer Freiwilligenkorps vor.685 Auch Peter Rosegger forderte einige Male die Bildung eines Wehrkorps. Begründet sah er sein Anlie- gen darin, dass im Hinterland „viel[e] müßige Leute“ nur „trinken, rauchen, plau- dern“ oder „Allotria“ treiben würden.686 Mit dieser Meinung stand er nicht allein dar. Im Grunde genommen ist die Presse voll von Artikeln über Menschen, die sich „unsittlich“ bzw. „unpatriotisch“ verhalten würden. Manche dieser Menschen machten sich vor dem geltenden Gesetz schuldig, indem sie beispielsweise abfäl- lig über Franz Ferdinand redeten, Spendengelder stahlen oder die Milch verwäs- serten.687 Andere wiederum verhielten sich zwar gesetzeskonform, aber nicht den „ungeschriebenen“ Privatansichten eines Dritten entsprechend. Die Schaffung von Bürgerwehren wurde auch von den Bezirkshauptmannschaften angeregt. Diesbe- züglich möchte ich auf die BH  Judenburg verweisen. Dort versuchte der Amtsleiter seit Mitte August, die Bildung einer „Schutzwehr“ in die Wege zu leiten. Seinem Bericht zufolge standen aber maßgebende „Faktoren in der Gemeinde [...] diesem Unternehmen [...] nicht sympat[h]isch gegenüber und zeigten sich erst nach Er- scheinen des Erlasses des k.  k.  Statthalterei-Präsidiums geneigt, auf [… seine] gut gemeinten und von strenger Objektivität geleiteten Vorschläge einzugehen.“688 In den Grazer „Vororten“ formierte sich zu Kriegsbeginn die 126 Mann starke Eggen- 684 Militärkommando Graz an Statthalterei-Präsidium, 24.8.1914, in: StLA, Statt. Präs. E91/2054/ 1914. Vgl. auch: Moll (2000a), 51. 685 Kögler (2008), 9. 686 Heimgärtners Tagebuch, in: Heimgarten (1914), Nr.  1, 64. 687 Zu den Dieben und Betrügern, Männern wie Frauen, siehe das Kapitel: Diebstahl und Betrug. 688 BH Judenburg an Statthalterei-Präsidium, [Ende August 1914], in: StLA, Statt. Präs. E91/2054/1914. Das Schreiben, das auf den 2.  August datiert wurde, ist offensichtlich mit einem falschen Datum versehen. Das Schreiben wurde am 3.  September von der Statthalterei zur Kennt- nis genommen und es berichtet über Ereignisse von Ende August. Von einer absichtlichen Vor- oder Rückdatierung ist nicht auszugehen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde das Schreiben Ende August verfasst.
back to the  book Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße"
Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Graz 1914