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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Diebstahl und Betrug | 405 Bereits Anfang August erfuhr die Grazer Bevölkerung, dass „patriotische“ Spen- den- und Wohltätigkeitsaktionen von Diebstahl und Betrug begleitet wurden. Die erste Spendenaktion, bei der es zu Diebstählen oder Ähnlichem kam, waren die Rot-Kreuz-Tage am 4. und 5.  August.822 Geleitet wurde die Aktion vom Frauen- ausschuss des Roten Kreuzes. Im Allgemeinen sammelte man an diesen zwei Ta- gen mittels Sammelbüchsen und Sammeltischen (an denen Frauen saßen)823 Geld für das Rote Kreuz. Wenn man einen gewissen Betrag spendete, erhielt man ein kleines Abzeichen. Kleiderspenden waren ebenfalls möglich. Die Spendensamm- lungen wurden von Beginn an von der Wache überwacht, indem sie die eigens dafür ausgestellten Erlaubnisbescheinigungen zur legitimen Spendeneinsamm- lung kontrollierte. Während der Sammelaktion häuften sich dann die ersten Nach- richten von Personen, die sich ohne Erlaubnis an der Spendensammlung beteilig- ten. Man sprach mehrmals von „Mißbrauch“824 und sofern es gelang, wurde der Täter oder die Täterin, darunter Kinder, auf die nächstgelegene Wache gebracht. Dort stellte sich dann tatsächlich heraus, dass sie das Rote Kreuz betrogen hatten. Das von Statthalter Manfred von Clary und Aldringen öffentlich angeprangerte illegitime Sammeln „sogar mit gefälschten Beglaubigungsschreiben“825 blieb nicht auf die Rot-Kreuz-Tage beschränkt. In Wahrheit vollzog es sich das gesamte erste Kriegsjahr über.826 Immer wieder wurden Grazer und Grazerinnen verhaftet, weil sie zum Schein auf die eine oder andere Weise Geld für das Rote Kreuz oder für einen anderen Zweck gesammelt hatten. Man sammelte illegitimer Weise nicht nur auf der Straße, sondern ging auch von Haus zu Haus, von Geschäft zu Geschäft oder von Gasthaus zu Gasthaus. Ein Grazer ging zum Beispiel von Tür zu Tür und gab vor, für den Grazer Tierschutzverein zu sammeln.827 Zwar stellte sich heraus, 822 Ein Abriss über illegitime Sammelaktionen in Darmstadt zu Kriegsbeginn in: Stöcker (22014), 66  f. 823 An den Sammeltischen konnte man sich verständlicherweise für das Rote Kreuz einschreiben. Die Sammlerinnen und Sammler durften gratis mit der Straßenbahn fahren. 824 Mißbrauch beim Sammeln für das Rote Kreuz, in: Grazer Volksblatt, 5.8.1914 (Abendausgabe), 4. 825 Unbefugte Sammlung für das Rote Kreuz, in: Grazer Tagblatt, 14.8.1914, 11. 826 Einige Beispiele aus den Augusttagen: Verbotene Sammlungen, in: Grazer Volksblatt, 9.8.1914, 6; Unbefugte Sammlungen, in: Grazer Montags-Zeitung, 10.8.1914, [ohne Seitenangabe]; Achtung vor Schwindlern!, in: Arbeiterwille, 12.8.1914 (Abendausgabe), 3; Warnung des Publikums vor unbefugten Sammlern, in: Grazer Mittags-Zeitung, 29.8.1914, 2; Warnung vor unberechtigter Führung des Roten Kreuzes, in: Grazer Mittags-Zeitung, 29.8.1914, 3. Vgl. auch drei Artikel aus späteren Tagen: Unbefugter Sammler für das Rote Kreuz, in: Grazer Tagblatt, 25.9.1914 (Abend- ausgabe), 3; Achtung vor Schwindlern, in: Arbeiterwille, 26.9.1914, 3; Achtung vor unbefugten Sammlern, in: Arbeiterwille, 14.12.1914 (Abendausgabe), 3. 827 Betrug, in: Grazer Mittags-Zeitung, 11.11.1914, 3. Vgl. auch: Ein unbefugter Sammler, in: Grazer Tagblatt, 11.11.1914 (2.  Morgenausgabe), 3.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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