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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen408 seine regulären Unterstützungsprojekte heran. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die „Gold-gab-ich-für-Eisen“-Sammlung von den Zeitungen intensiv bewor- ben wurde und dabei auch die Namen der Spender und Spenderinnen veröffent- licht wurden.837 Nun gab es aber einige Menschen, die diese besagten eisernen Ringe imitierten und obendrein noch verkauften (bzw. verkaufen konnten). Dieser Umstand verärgerte sehr, zumal er dem eigentlichen Hintergedanken der Aktion widersprach. In Misskredit gerieten daher sowohl die Nachahmer als auch diejeni- gen, die deren Imitate gekauft hatten (ohne dass sie dafür Gold gegeben hätten). Konkrete Namen, wer hinter diesen Betrugsfällen steckte, erfuhren die Grazerin- nen und Grazer nicht. Probleme gab es nicht nur wegen der Imitate. Selbst die Durchführung der offiziellen „Gold-gab-ich-für-Eisen“-Aktion erfolgte nicht komplikationslos. Einmal fragte beispielsweise eine Person das Tagblatt, ob die Re- daktion denn wüsste, wann genau die neuen Eisenringe zugesandt würden. Das Tagblatt konnte auf diese Frage in ihrem „Briefkasten“ keine konkrete Antwort geben, sondern der Person nur beruhigende Worte zusprechen. In der Antwort hieß es, dass die Edelmetallringe „an die genannte Stelle abgesandt“ seien und, dass die „Zusendung der eisernen Ringe [...  durch viel Arbeit] eine Verzögerung erfahren“ hätte.838 Die Eisenringe waren definitiv ein auffälliges Zeichen für den persönlichen Kriegseinsatz. Mehrfach würdigte die Presse jene Personen, die sich an dieser Aktion beteiligten. Diskreditiert wurden hingegen diejenigen, die an dem einen Finger einen Eisenring und an anderen Fingern Diamantenringe tru- gen. Konkrete Fälle, dass dem wirklich so gewesen sei, schilderte die Presse aber nicht. Sie beließ es bei einer normgebenden Kritik an der „[p]atriotische[n] Koketterie“.839 Zu den Betrügern der damaligen Zeit zählten nicht zuletzt diejenigen, die sich unrechtmäßig eine Soldatenuniform erschlichen und sich davon Prestige oder wenigstens Geld (für wahre oder erfundene Kriegsgeschichten) sowie Almosen (für Verpflegung und Unterkunft) erhofften.840 Einige dieser „Wirtshauskrieger“ wurden auch verhaftet.841 Unter den Soldaten gab es wiederum einige, die sich 837 Gold gab ich für Eisen, in: Grazer Tagblatt, 1.9.1914, 2; Gold gab ich für Eisen!, in: Grazer Mit- tags-Zeitung, 7.10.1914, 3. 838 Briefkasten der Schriftleitung, in: Grazer Tagblatt, 25.9.1914, 7. 839 Patriotische Koketterie, in: Grazer Mittags-Zeitung, 5.11.1914, 4. 840 Siehe z.  B. einen Grazer Fall von „Landstreicherei“ und falschem Soldatensein in der Ge- richtsparte: Der Lovćen ist erstürmt, in: Grazer Tagblatt, 27.8.1914, 5. 841 Vgl. z.  B. Wirtshauskrieger!, in: Arbeiterwille, 12.11.1914 (Abendausgabe), 2. Ein Beispiel aus dem letzten Kriegsjahr wäre der Artikel: Zwei verwegene Eisenbahndiebe in Offiziersuniform. Wie im Kino. – Der Zauber der Montur. – Abenteuerliche Flucht, in: Arbeiterwille, 19.9.1918, 5.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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