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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Diebstahl und Betrug | 411 Trotzdem warnte sie vor einer „Verschleuderung des Viehes“851 und berichtete von Bauern, die von „Bauernfänger[n]“852 oder falschen „Ärarlieferant[en]“853 betrogen wurden. Nur wenige Male konnte die Presse anmerken, dass ein „Bauernfänger“ verhaftet wurde. Weitaus öfter konnten die Zeitungen dagegen die Nachricht brin- gen, dass in Graz ein sogenannter „Milchpantscher“854 verhaftet werden konnte. Die „Milchpantscher“ (meistens handelte es sich hierbei um Frauen) standen ver- ständlicherweise in keinem guten Licht, zumal die Milchpreise stiegen und nie- mand verstehen konnte, wie man bei steigenden Preisen obendrein noch die Milch verwässern könne (die „Milchpantscherei“855). Menschen, die dies taten, wurden von der Presse ebenso kritisiert wie diejenigen, die den Milchverkäuferinnen und Milchverkäufern volle Milchkannen stahlen: „In letzter Zeit“, so das Tagblatt, „wurden bei der Sicherheitsbehörde wiederholt Anzeigen erstattet, daß Milch- führern in der Stadt Milchkannen samt Inhalt entwendet wurden.“856 Am Ende vermittelt die Lektüre der Grazer Lokalteile und Gerichtssparten, dass Diebstahl und Betrug von Anfang an den Aufbau der „Heimatfront“ begleiteten.857 Ebenso verunmöglichten die laufenden Berichte hinsichtlich gestohlener Sammelbüchsen und anderer Diebstähle die Bildung einer uniformen „Kriegsgemeinschaft“, die als solche nur den ausländischen Feind kennen würde. Schlussendlich lebte die über- wiegende Mehrheit der (öffentlich stigmatisierten) Feinde in der Stadt Graz oder ihren „Vororten“. Diesen „unpatriotischen“ Menschen versuchte die Presse (wie im Falle der „Helden“ an der Front) einen Namen und ein Gesicht zu geben, was sich bereits daran zeigt, dass die Redaktionen jedwedes als negativ begriffenes All- 851 Warnung vor Verschleuderung des Viehes. An alle Bauern, insbesondere aber an jene Bäuerin- nen, deren Männer zum Waffendienste einberufen wurden, in: Grazer Volksblatt, 13.8.1914, 5. 852 Von Bauernfängern geplündert, in: Grazer Montags-Zeitung, 10.8.1914, [ohne Seitenangabe]. 853 Der falsche Ärarlieferant, in: Grazer Tagblatt, 8.11.1914 (2.  Morgenausgabe), 6. 854 Siehe zwei Beispiele aus der deutschnationalen Mittags-Zeitung: Milchpantscher, in: Grazer Mittags-Zeitung, 2.1.1915, 3; Noch ein tüchtiger Milchpantscher, in: Grazer Mittags-Zeitung, 13.1.1915, 4. 855 Milchpantscherei, in: Grazer Tagblatt, 7.10.1914 (2.  Morgenausgabe), 5. Abseits der Zeitungen vgl. auch die Konfiskationsnachweise des städtischen Marktkommissariats, die z.  B. im Amtsblatt der landesfürstlichen Hauptstadt Graz abgedruckt wurden. Dort listete das Marktkommissariat ihre Marktbank-Beanstandungen (Revisionen, Beschlagnahmungen etc.) nach marktpolizeili- chen, gewerbepolizeilichen, eichpolizeilichen und sanitätspolizeilichen Gesichtspunkten auf. Vgl. z.  B. Konfiskationsnachweis des städtischen Marktkommissariates für den Monat Oktober 1914, in: Amtsblatt der landesfürstlichen Hauptstadt Graz (10.11.1914), 441. 856 Billige Milch, in: Grazer Tagblatt, 14.10.1914 (2.  Morgenausgabe), 3. 857 Vgl. abschließend: Einbruch im Rathause, in: Grazer Tagblatt, 30.10.1914 (2.  Morgenausgabe), 16. Siehe dazu auch: Festnahme eines steckbrieflich Verfolgten, in: Grazer Tagblatt, 24.11.1914 (2.  Morgenausgabe), 16.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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