Page - 23 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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EINIGE TAGE ÄGYPTEN
23 das sich immer schneller in alle Richtungen ausbrei-
tende moderne Kairo.
Die Mohammed-Ali-Moschee entspricht eher dem
osmanischen Typ der Kuppelmoschee. An der Viel-
falt unterschiedlicher Moscheentypen in Kairo erkennt
man, dass Kairo am Schnittpunkt Afrikas mit Asien
und der riesigen arabischen Halbinsel sowie am Mit-
telmeer, einer großen Kommunikationszone zwischen
Europa, Asien und Afrika, liegt. Kairo war und ist da-
her sehr unterschiedlichen islamischen und anderen
Einflüssen schon seit Jahrtausenden ausgesetzt. Ein
markanter Dachreiter über dem mit Kuppeln gedeck-
ten Umgang um den großen Hof der Moschee weist
gewisse Ähnlichkeiten mit einem Dachreiter auf dem
Dach des Glockenspielhauses am Glockenspielplatz
in Graz auf.
Der Dachreiter in Graz stammt aus den Jahren 1903
bis 1905 von Friedrich Sigmundt und Georg Hönel.
Er wurde also wesentlich später als die Moham-
med-Ali-Moschee in Kairo errichtet. Man darf vermu-
ten, dass der Aufbau in Kairo auch erst später dazu-
gekommen ist, da auch er deutliche Merkmale des
Jugendstils aufweist.
Von hier nahmen wir uns wieder ein Taxi und fuhren
zur Amr-Ibn-El-As-Moschee, die zu den frühesten Mo-
scheen überhaupt gehört und die älteste Moschee
Ägyptens ist. Sie wurde bereits 642 n. Chr., also nur
zehn Jahre nach Mohammeds Tod errichtet. 1798
hat man diese Moschee allerdings sehr stark verän-
dert. Hier handelt es sich um eine klassische Hallen-
moschee, bei der das Wohnhaus Mohammeds zum
Vorbild genommen wurde. Die ausgedehnte Stützen-
halle verfügt über eine große Zahl wiederverwende-
ter antiker Säulen und Kapitelle, meist aus römischer
Zeit.
Die El Azhar Moschee, eine große Universitätsmo-
schee aus den Jahren 970-973, das College des
Emir Sarghitmish aus dem 14. Jh. und die römischen
Ruinen, von wo wohl die vielen Säulen der Amr-
Ibn-El-As-Moschee stammen dürften, waren unsere
nächsten Ziele.
Am Abend fuhren wir zurück nach Gizeh und gingen
nochmals in den historischen Kern der ehemaligen
Vorstadt. Hier kauften wir mehrere kleine smaragd-
farbene glasierte Miniatursarkophage, zwei Skara-
bäi und ein blauglasiertes Köpfchen. Alle Objekte
scheinen zweifelhafter Herkunft und sollen angeblich
direkt aus Gizeh aus Grabungen unter den Altstadt-
häusern stammen. Beim Hotel wechselten wir Geld
und im Hotel aßen wir zu Abend und gingen bald
danach schlafen.
mit unterschiedlicher Färbung nicht einfach keilförmig
geformt und zum Bogen zusammengesetzt; hier wur-
den die seitlichen Stöße sehr komplex profiliert und
die Gegenstücke entsprechend geformt, so dass sie
ineinandergeschoben werden konnten und sich ge-
genseitig halten. Das ergibt sehr schöne Muster an
der Oberfläche der mitunter sehr flach gespannten
Bögen. Die Steinelemente dieser Bögen sind damit
regelrecht miteinander verzahnt, wie man es bei
den einzelnen Segmenten von Ammoniten kennt, bei
denen die oft sehr komplexen Lobenlinien, eigentlich
dreidimensionale Trennflächen zwischen den einzel-
nen Jahresabschnitten, erst die Verzahnung zwischen
den unterschiedlichen Segmenten ergeben. Ohne sie
könnten die Ammoniten nicht zusammenhalten.
Verzahnungen zwischen Steinelementen bei Bogen-
konstruktionen kennt man vor allem aus Erdbebenge-
bieten, wo durch die Verwendung von Hakensteinen
an Stelle der sonst üblichen einfachen keilförmigen
Bogensteine verhindert werden soll, dass bei stärke-
ren Erdstößen einzelne Steine aus einem Bogen her-
ausrutschen, was den Einsturz eines Bogens bedeu-
ten würde. Das findet man vor allem schon sehr früh
in Syrien, in Jordanien und in Palästina, was viele Bei-
spiele in der Altstadt von Nablus in Palästina, aber
auch in vielen nabatäischen Städten, wie Shivta 43
km südsüdwestlich von Bersheva in Israel, zeigen. Bei
all diesen Bögen hat der Schlussstein eine T-Form und
alle weiteren Gewölbesteine links davon haben die
Form eines rektangulierten “S” und rechts die eines
rektangulierten Fragezeichens.
In der islamischen Sakralbaukunst entwickelte sich
dieses noch recht schlichte Konzept zu einem sehr
dekorativen, mitunter schon extrem manierierten
Architekturelement, das eigentlich zu einer eigenen
Kunstgattung erklärt werden sollte, die für die islami-
sche Baukunst besonders in Ägypten charakteristisch
und prägend wurde. In Kairo finden sich selbst an
älteren Speicherbauten immer wieder etwas einfa-
chere Verzahnungen von Bogensteinen. Selbst bei
alten Bürgerhäusern sind scheitrechte Bögen mit sehr
komplexen Verzahnungen anzutreffen, die dem Prin-
zip des Schlusssteinbogens gehorchen.
Wir besuchten anschließend die Mohammed Ibn-Qa-
laun-Moschee aus den Jahren 1318 bis 1335, dann
ging es hinauf zur relativ jungen Mohammed-Ali-Mo-
schee, der sogenannten Alabastermoschee, mit de-
ren Bau auf der Zitadelle von Kairo 1830 begonnen
wurde. Durch ihre erhöhte Lage kann man sie fast
von der gesamten Stadt aus sehen und von ihr aus
hat man bei klarer Sicht einen entsprechend guten
Überblick über das hier schon nach Norden hin zum
Nil-Delta breit werdende Niltal, auf die Altstadt und
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Title
- Jemen
- Subtitle
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 308
- Keywords
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix