Page - 70 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Image of the Page - 70 -
Text of the Page - 70 -
REISEBERICHT
70
Vielleicht wurden die Mauerscheiben erst sekundÀr
mit der quer verlaufenden neuen Blendmauer innen
und auĂen in Richtung des heutigen Mauerverlaufs
geschlossen. Die so entstandenen geschlossenen
RĂ€ume in der Mauer wurden dann von oben mit
Schutt aufgefĂŒllt, den man heute im Anschnitt zusam-
men mit den Mauerprofilen gut erkennt. Dies könnte
auch erklÀren, warum die Form des riesigen Vorhofes
geometrisch nicht perfekt einen Kreis oder eine Ellipse
ergibt, was in deutlichem Gegensatz zu den Blend-
mauern mit den Inschriften auĂen und innen steht, die
in höchster Perfektion ausgefĂŒhrt sind. Vielleicht wuss-
te man zur Zeit der ersten Bauphase noch nicht, wie
man mit zwei Pflöcken und einem Seil einer Ellipse
geometrisch perfekt ihre Form geben kann.
Der Tell von Alt-Marib, die Stadt auf einem hohen,
oben abgeflachten, isoliert stehenden HĂŒgel im wei-
ten Talraum war das nÀchste Ziel. Schon von weitem
sahen wir hohe vielgeschoĂige Lehmbauten, die sich
wie eine Hochhausstadt auf dem HĂŒgel gegen den
staubigen Hintergrund nur schwach abhoben. Auf
Grund der Lehmfarbe ihres Ă€uĂeren Baumaterials heben sich die Bauten gerade bei leichtem Staub-
wind kaum von der Lehmfarbe des Untergrundes und
des HĂŒgels, auf dem sie stehen, sowie von der Land-
schaft mit ihren in der gleichen Staubfarbe ĂŒberzo-
genen BĂŒschen und BĂ€umen in der Umgebung ab.
Wahrscheinlich ist der HĂŒgel ein typisches Tell,
die Summe unzÀhliger sedimentierter Reste der al-
ten Stadt Marib mit einer SiedlungskontinuitÀt von
fast drei Jahrtausenden Stadtbaugeschichte. Das
sind hunderte Schuttschichten tausender Àlterer Ge-
bÀude, die alle aus Stein, Lehm und Holz errichtet
wurden und immer wieder durch langanhaltende Re-
genphasen, Erdbeben oder kriegerische Auseinan-
dersetzungen zusammenbrachen, auf deren Ruinen
aber jeweils wieder weiter aufgebaut wurde. Dann
wurden neue HĂ€user in der gleichen Bauweise und
aus den gleichen Materialien auf den Ruinen der
alten immer wieder errichtet. Dabei wurden leicht zu
erreichende Baumaterialien aus dem Schutt gebor-
gen und wiederverwendet, das meiste Baumaterial
aber neu herbeigeschafft. So wuchs der StadthĂŒgel
Schicht um Schicht. Man mĂŒsste den HĂŒgel archĂ€o-
Abb. 62
Die Lehmbauten, die verlassen wurden und daher nach allfÀlligen RegenfÀllen nicht mehr ausge-
bessert wurden, kollabieren seitdem sukzessive.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Title
- Jemen
- Subtitle
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Verlag der Technischen UniversitÀt Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 308
- Keywords
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ăgypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von MĂ€nnern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- SĂ€ulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- WasserhÀuser 84
- Tarim 86
- TĂŒren und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit TĂŒrschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- ZurĂŒck entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix