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REISEBERICHT
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Vielleicht wurden die Mauerscheiben erst sekundär
mit der quer verlaufenden neuen Blendmauer innen
und außen in Richtung des heutigen Mauerverlaufs
geschlossen. Die so entstandenen geschlossenen
Räume in der Mauer wurden dann von oben mit
Schutt aufgefüllt, den man heute im Anschnitt zusam-
men mit den Mauerprofilen gut erkennt. Dies könnte
auch erklären, warum die Form des riesigen Vorhofes
geometrisch nicht perfekt einen Kreis oder eine Ellipse
ergibt, was in deutlichem Gegensatz zu den Blend-
mauern mit den Inschriften außen und innen steht, die
in höchster Perfektion ausgeführt sind. Vielleicht wuss-
te man zur Zeit der ersten Bauphase noch nicht, wie
man mit zwei Pflöcken und einem Seil einer Ellipse
geometrisch perfekt ihre Form geben kann.
Der Tell von Alt-Marib, die Stadt auf einem hohen,
oben abgeflachten, isoliert stehenden Hügel im wei-
ten Talraum war das nächste Ziel. Schon von weitem
sahen wir hohe vielgeschoßige Lehmbauten, die sich
wie eine Hochhausstadt auf dem Hügel gegen den
staubigen Hintergrund nur schwach abhoben. Auf
Grund der Lehmfarbe ihres äußeren Baumaterials heben sich die Bauten gerade bei leichtem Staub-
wind kaum von der Lehmfarbe des Untergrundes und
des Hügels, auf dem sie stehen, sowie von der Land-
schaft mit ihren in der gleichen Staubfarbe überzo-
genen Büschen und Bäumen in der Umgebung ab.
Wahrscheinlich ist der Hügel ein typisches Tell,
die Summe unzähliger sedimentierter Reste der al-
ten Stadt Marib mit einer Siedlungskontinuität von
fast drei Jahrtausenden Stadtbaugeschichte. Das
sind hunderte Schuttschichten tausender älterer Ge-
bäude, die alle aus Stein, Lehm und Holz errichtet
wurden und immer wieder durch langanhaltende Re-
genphasen, Erdbeben oder kriegerische Auseinan-
dersetzungen zusammenbrachen, auf deren Ruinen
aber jeweils wieder weiter aufgebaut wurde. Dann
wurden neue Häuser in der gleichen Bauweise und
aus den gleichen Materialien auf den Ruinen der
alten immer wieder errichtet. Dabei wurden leicht zu
erreichende Baumaterialien aus dem Schutt gebor-
gen und wiederverwendet, das meiste Baumaterial
aber neu herbeigeschafft. So wuchs der Stadthügel
Schicht um Schicht. Man müsste den Hügel archäo-
Abb. 62
Die Lehmbauten, die verlassen wurden und daher nach allfälligen Regenfällen nicht mehr ausge-
bessert wurden, kollabieren seitdem sukzessive.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix