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REISEBERICHT
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nicht so deutlich. Außerdem dürfte wohl der größte
Teil der Frauen überhaupt nur in den eigenen Räum-
lichkeiten Kat konsumieren. Tendenziell sind mehr
Menschen im Nordjemen vom Kat abhängig, als
im Südjemen. Dazu dürfte beigetragen haben, dass
im zwischenzeitlich kommunistischen Südjemen der
Kat-Konsum zunächst ganz verboten war und später
zwar toleriert werden musste, jedoch nie legalisiert
wurde. Außerdem dürften die Kat-Sträucher in den
höheren Gebirgslagen des Nordjemen besser ge-
deihen.
Jedenfalls ist der Kat-Konsum im Jemen auch ein nicht
zu unterschätzender negativer Wirtschaftsfaktor, da
ein bedeutender Anteil der landwirtschaftlich nutzba-
ren Fläche dafür verbraucht wird, die Flächen auch
wir an den unter dem Schleier beim Gehen vorkom-
menden Füßen erkennen konnte. Dies war vor allem
bei Frauen auf dem Land und in kleinen Städten der
Fall. In großen Städten, wie in Sanaa, in Taiz oder
in Aden hingegen trugen die meisten Frauen Schu-
he westlicher Prägung. In manchen Fällen schien es
sich um recht teure Fabrikate aus Europa zu handeln.
In zwei Fällen hatte ich Gelegenheit, die Kleidung
unter den schwarzen Schleiern zu sehen. In einem
Fall wurde ich ohne Adele von einer Jemenitin in ein
Haus eingeladen; im zweiten Fall war auch Adele
dabei. Nach Ablegen der Schleier zeigte sich in bei-
den Fällen eine weitgehend modern gekleidete Frau.
Offenbar waren vor allem in den größeren Städten
viele Frauen unter ihren Schleiern westlich gekleidet.
Die leichte Droge Kat
Da der Nachmittag bereits angebrochen war, hat-
ten viele Männer bereits einen dicken Knödel von
Kat im Mund, besser gesagt in einer ihrer Backen-
taschen. Bei vielen Jemeniten hatte sich nach jahr-
zehntelangem, stetem Kat-Konsum die immer wieder
benutzte Backentasche bleibend und deutlich nach
außen ausgebeult. Man kaut die Kat-Blätter stunden-
lang, bis sie zu einem musartigen Brei werden, den
man mit Speichel aufweicht und dann immer wie-
der aussaugt. Wichtig ist, dass die Kat-Blätter ganz
frisch sind und dass man sie mit etwas gemörsertem,
feinst-pulverisiertem Kalk zu sich nimmt. Uns wurde
gesagt, dass der Wirkstoff des Kat nicht ohne Kalk
erschlossen werden könne.
Angeblich können Studenten an den Universitäten mit
Hilfe von Kat mehrere Tage hintereinander, ohne zu
schlafen, konzentriert auf eine Prüfung lernen, antre-
ten, die Prüfung erfolgreich abschließen, um sich erst
danach fast endlos auszuschlafen. Ca. 10% bis 20%
der landwirtschaftlich genutzten Fläche im so kargen,
trockenen Jemen werden nur für den Kat-Anbau ge-
nutzt. Es wird außerdem auch relativ viel Zeit für die
Kat-Zeremonien gebraucht, die oft den gesamten
Nachmittag andauern. Viele arbeiten daher nach-
mittags nicht.
Die Kat-Zeremonie beginnt schon mit dem Kauf des
Kat zum richtigen Zeitpunkt. Es sollten möglichst die
frischen Triebe dieser Buschpflanze sein und diese
müssen auch möglichst frisch gepflückt worden sein.
Mir wurde versichert, dass Kat etwa die Hälfte seiner
Wirksubstanz innerhalb von 24 Stunden verliert. Der
Konsum beschränkt sich nicht auf die Männer. Es gibt
auch viele Kat-abhängige Frauen im Jemen und so-
gar Kinder. In manchen Regionen sind fast 100% der
Bevölkerung vom Kat abhängig. Bei den Frauen sieht
man den Konsum aber auf Grund der Verschleierung Abb. 42
Die ganz in Schwarz verschleierten Frauen tra-
gen in Sanaa oft zusätzlich noch einen bunten,
aus Indien importierten, sehr dünnen Schleier,
der auch die Augenschlitze unsichtbar macht.
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix