Seite - 78 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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REISEBERICHT
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nur mit einem seegrünen Band umwickelt; bei diesen
geht es mehr um die Qualität des Messers, die Härte
des Metalls und die Feinheit des Schliffes. Schuss-
waffen sind in der Innenstadt von Sanaa nicht gern
gesehen. Auf dem Land allerdings hatte 1991 fast
jeder Mann eine Kalaschnikow und oft auch noch
ein Gewehr, mitunter eines älterer Bauart vom Vater,
umgehängt.
Wir aßen an einem Stand ganz in der Nähe des
Bab al Yemen eine Art von kleine, dünne Pfannku-
chen, in den noch ein grünes, gut schmeckendes
Gewürz eingebacken wurde. Sie wurden auf einer
heißen Stahlplatte mit einem breiten Spachtel aufge-
tragen und auch wieder abgezogen, dazu tranken
wir einige Tschai mit Minzblättern und viel Zucker.
Die Sonne ging schnell unter. Da die Luft sehr trocken
ist, verfärbt sich die untergehende Sonne nicht rot,
sondern bleibt bis zum Horizont grellgelb. Dann folg-
te eine sehr kurze Dämmerung mit weichem Licht, und
bald ließ der Himmel die ersten Sterne aufblinken,
die Häuser werden immer schwärzer, hier und da sa-
hen wir die ersten Fenster farbig aufleuchten mit ihren
undurchsichtigen, meist farbigen Vorhängen und den
Oberlichten mit ihren Gittern in den Rundbögen ober-
halb mit ihren bunten Gläsern. Dabei ist die Stadt
fast völlig still. Das war Orient, wie wir ihn uns aus
Büchern vorgestellt hatten. Es gab kaum Straßenbe-
leuchtungen. Wir gingen in nahezu völliger Dunkel-
heit. Unsere kleine Taschenlampe verwendeten wir
kaum auf dem Weg zurück zu unserem Domizil. Dort
legten wir uns bald schlafen, da wir am nächsten Tag
relativ früh aufstehen mussten.
Flug ins Wadi Hadramaut
Am Morgen des 26.12. standen wir um 5.45 Uhr
auf, frühstückten schnell und gingen mit den bereits
fertig gepackten Sachen zur Zubeiri-Straße, nahmen
um 6.30 Uhr ein Taxi und fuhren zum Flughafen, wo
wir um 7.15 ankamen, Flughafengebühr entrichteten
und beim Gate einen Bekannten von Adele, Herrn
Dickmann, einen Lehrerkollegen von unserer guten
gemeinsamen Freundin Ingrid Schmiederer aus Wien
trafen, der mit einer Gruppe von sieben weiteren Mit-
reisenden bereits in Wien die Flugtickets nach Seiyun
über den Reiseveranstalter als Gruppenreise besorgt
hatte. Sie hatten pro Person 125 US Dollar, wir hat-
ten in Sanna als Einzelreisende nur 120 US Dollar für
den Flug zu zahlen.
Auf dem Flugfeld mussten alle Passagiere ihr Gepäck
noch einmal identifizieren, bevor es eingeladen wur-
de. Um 8.15 Uhr sollte das Flugzeug dann starten. Es
war eine relativ große Propellermaschine der Jemenia
er Bau – möglicherweise eine neue Moschee? Eine
ganze Reihe von Stützen und Reste des Daches stan-
den auch außerhalb der nur halb hohen alten Mauer
mit Öffnungen. Es war uns nicht klar, ob diese zu
einer sekundären Erweiterung der alten Moschee ge-
hörten, oder ob die Moschee schon ursprünglich viel
größer war und die halb hohe Mauer nur eine innere
Gliederung des Gebäudes darstellt.
Da es sich bei den vielen Spolien offensichtlich um
die Reste eines oder mehrerer antiker Tempel oder
Paläste handelt, die für eine Moschee wiederverwen-
det wurden, sollte man den Versuch unternehmen, die
antiken Bauten in der Umgebung freizulegen und mit
Hilfe der Spolien aus dieser zusammenbrechenden
Moschee zu rekonstruieren. Die sehr schweren Pfeiler
am südlichen Rand der Moschee dürften auf Grund
ihres Gewichtes noch an ihrem ursprünglichen Ort ste-
hen. Marib war vielleicht wirklich das Herzstück des
Reiches der sagenumwobenen Königin von Saba.
Angeblich war die Stadt früher viel größer, hatte an
allen vier Seiten eine Wehrmauer mit mehreren Stadt-
toren. Der heutige Stadthügel war offenbar nur das
Zentrum dieser Stadt, die vielleicht viel größer war.
Bald ging es zu der Stelle in Marib, an der die Sam-
meltaxis in Richtung Sanaa abfahren und wir fuhren
wieder zurück in die Hauptstadt. Die wenigen Bü-
sche und Bäume auf der Strecke waren alle sehr
zäh, widerstandsfähig und boten den Winden wenig
Angriffsfläche. Nur dadurch können sie hier überle-
ben. Unterwegs trafen wir auch an höher gelegenen
Stellen auf einige Felder mit Kat-Sträuchern und auf
festungsartige Gehöfte. Meist war die Landschaft
aber bizarr, eckig mit hoch aufragenden, eigenartig
geformten Felsnadeln, die das Ergebnis von Wind-
erosion sein dürften. Manche Häusergruppen wirkten
fast wie Geisterdörfer in der trostlos trockenen Ge-
birgslandschaft.
Schließlich tauchten wir wieder in die geschäftige
Welt der jemenitischen Hauptstadt Sanaa ein und
landeten beim Bab al Yemen, dem südlichen Stadttor
in der Wehrmauer um die Altstadt, einem Relikt aus
der Türkenzeit. Die Hitze des Tages war schon einer
angenehmeren abendlichen Temperatur gewichen
und alles wurde durch die späte tiefstehende Son-
ne in kräftige Farben getaucht. Menschen und sogar
die Architektur wirkten lebendiger als zur Mittagszeit.
Fast alle Männer hatten einen Turban oder zumindest
ein Kopftuch auf und trugen einen Wickelrock. Jeder
hatte eine Krummdolch, seine Djampiya in einer am
Gürtel befestigten Scheide bei sich. Fast alle hatten
bereits einen langen erholsamen Kat-Nachmittag hin-
ter sich. Sehr selten sah man ältere Scheiden mit auf-
wendigem filigranem Silberdekor. Die meisten waren
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix