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Kuppeln
Die Techniken des Schlusssteinbogens und die von
Kuppeln dürften im Jemen erst relativ spät bekannt
geworden sein. Gurtbögen und Kuppeln beschrän-
ken sich in weiten Teilen des Jemen fast ausschließ-
lich auf Sakralbauten und Bauten, die mit der isla-
mischen Religion in Verbindung stehen. Nur entlang
von Küsten, in den Hafenstädten mischten sich wohl
schon früh die unterschiedlichsten Stilelemente und
Konstruktionsweisen.
Gurtbögen
Gurtbögen sind oft weitgespannte Bögen, die dem
Prinzip des Schlusssteinbogens folgen. Sie sind so
breit angelegt, dass sie für sich selbst bestehen kön-
nen. In der Zeit des Historismus wurden in Europa in
den Kellern oft solche Gurtbögen in relativ großen
Abständen zueinander verwendet, um dazwischen
sekundäre Gewölbe zu spannen und so auch im Kel-
ler relativ große stützenfreie Räume zu schaffen.
Zu den Besonderheiten osmanischer Architektur
gehörten bis ins 19. Jh. Gurtbögen, die im Jemen
aber näher beieinanderstanden und hier dann mit
Kragkonstruktionen als Deckenkonstruktion oberhalb
kombiniert wurden. Das ergibt eine Kombination
einer vergleichsweise modernen Konstruktionsweise
mit einer sehr archaischen. Eine solche Kombina-
tion findet sich sowohl im Süden der Türkei, in Sy-
rien und besonders auch in Jordanien an etlichen
der frühislamischen Wüstenschlösser. Selbst auf
der Kykladen-Insel Tinos wurden während der os-
manischen Zeit und auch danach noch zahlreiche
Bauten mit einer solchen Kombination im Decken-
bereich errichtet. In Tinos tritt diese eigenartige Konstruktions-Kombina-
tion mit der Herrschaft der Osmanen ab 1715 auf.
Die Osmanen brachten auch die Taubenhaltung für
alle auf die Insel. Sie dürften damals auch selber
Taubenhäuser betrieben haben. Bei Taubenhäusern,
im Wohnbau und sogar bei vielen zweischiffigen
Kirchen aus dieser Zeit findet sich diese eigenartige
Konstruktions-Kombination, bei der die Gewölbe aus
Vorkragkonstruktionen bestehen, der Durchgang von
einem “Schiff“ in das andere aber durch einen oder
zwei weit gespannte Druckgurtbögen ermöglicht wur-
de. Bei den zweischiffigen Kirchen auf Tinos wurde
auf der einen Seite der römisch-katholische Ritus, auf
der anderen der griechisch-orthodoxe abgehalten.
Im Jemen gibt es mehrere geschlossene Zisternen,
wie die von Hadschara, und auch einige Wohnbau-
ten und Lagerbauten, bei denen die Deckenkonstruk-
tionen auf weitgespannten großen Druckgurtbögen
lagern. Die eigentliche Deckenkonstruktion besteht
dabei vereinzelt aus Scheingewölben. Wenn auch
die Zisternen selbst gewöhnlich schon in sabäischer
oder himiaritischer Zeit aus dem Felsen geschlagen
wurden, so dürften wohl die Gurtbögen in Kombi-
nation mit Kraggewölben aus der Zeit der osmani-
schen Okkupation stammen. Ähnliche Konstruktionen
fanden sich auch bei einigen Wohnhäusern in der
Nähe von Thulla. Sie dürften wohl auch hier erst
spät, wahrscheinlich mit den Osmanen in den Jemen
gelangt sein.
Dies ist erstaunlich, weil im nahen Ägypten schon um
3000 v. Chr. die bislang frühesten Schlusssteinge-
wölbe gefunden wurden, das echte Schlusssteinge-
wölbe also schon sehr viel früher bekannt war. Im
Jemen findet sich dagegen das konstruktive Prinzip
einer Schlusssteinkuppel fast nur bei islamischen Sa-
Architekturdetails
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
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