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Schibam
Die wohl markanteste der jemenitischen Siedlungs-
formen hat die Hochhausstadt Schibam im Wadi
Hadramaut. Hier standen 1991 noch dicht anein-
andergedrängt 437 Lehmhochhäuser mit Höhen um
30 m bis 35 m und mit sechs bis acht Stockwerken
auf einer annähernd rektangulären, etwa drei bis vier
Meter erhöhten Stadtraumfläche. Die Abmessungen
dieser angehobenen Basis betragen ungefähr 233
m an der Westseite, 367 m an der Südseite, 300
m an der parallel zu dieser verlaufenden Nordseite
und 236 m an der etwas schräg zum System verlau-
fenden Ostseite. Der Höhenunterschied zur Umge-
bung fällt kaum auf, da die gesamte Stadt von einer
fünf bis sechs Meter hohen Stadtmauer aus Lehm
umgeben ist. Der Höhenunterschied zwischen dem
Terrain in der Stadt und dem außerhalb ist in die
Mauer integriert. Durch die Mauer führt nur ein Tor
im Osten der Südseite, das allabendlich um etwa
18.00 Uhr geschlossen und morgens um etwa 6.00
Uhr wieder geöffnet wurde. Das Gefälle zwischen
den zwei Niveaus wird nur hier angesichts der Nei-
gung der Auffahrt in die Stadt spürbar. In den Nacht-
stunden mussten Bewohner und Gäste den Torwart
um Einlass bitten.
In den noch besiedelten Wohntürmen wohnten da-
mals meist ca. 30 und mitunter auch mehr Personen
einer Großfamilie. Die gesamte Einwohnerzahl in
der ummauerten Stadt lag ursprünglich bei mehr als
7000 Personen, sinkt aber schon seit 30 Jahren ste-
tig. Da die Bauten nach jedem stärkeren Regen an
der Oberfläche umgehend ausgebessert und saniert
werden müssen und dies immer schon von den jewei-
ligen Bewohnern des Hochhauses durchgeführt wer-
den musste, ist der Bevölkerungsschwund eine starke Gefährdung der Bausubstanz. Leerstehende Häuser
drohen nicht nur zusammenzubrechen, sondern wer-
den dadurch gegebenenfalls auch zur Gefahr für ihre
jeweiligen Nachbarobjekte.
Man schätzt das durchschnittliche Alter der Bauten
auf etwa 300, maximal jedoch auf 700 Jahre. Das
Alter der Stadt dürfte in ihrer heutigen Form bei etwa
1700 Jahren liegen. Nachdem die weiter westlich
gelegene antike Stadt Schaabwa Ende des 2. Jh.
n. Chr. überfallen und zerstört worden war und ihre
Bewohner hatten fliehen müssen, bauten nach der-
zeitigem Stand des Wissens die Überlebenden wohl
die weiter östlich angelegte Stadt Schibam auf einer
bereits vorhandenen niedrigeren Basis. Bei archäolo-
gischen Untersuchungen wurden auch Siedlungsfun-
de aus den Jahrhunderten vor 300 n. Chr., sogar aus
vorchristlicher Zeit gemacht. Die meisten Menschen
dürften aber wohl mit dem Untergang von Schaab-
wa von dort gekommen sein.
Man darf vermuten, dass es in Schibam zu wenig
geeignetes Holz für die von den Geflohenen entwi-
ckelte Bauweise mit dreidimensionalen Riegelwand-
konstruktionen gab, sodass sie schon seit damals die
Mauern der Hochhäuser in reiner Lehmbauweise er-
richteten (siehe Seiten 108 bis 124).
Hadschara
Als Beispiel einer aus Stein errichteten Kleinstadt-
anlage mit dicht aneinander gedrängt stehenden
Hochhäusern mag Hadschara bei Manacha gelten.
“Hadscha“ bedeutet der “Fels“ und Hadschara liegt
wirklich wie ein Felsennest aus Fels gebaut auf einem
riesigen aufragenden Felsblock hoch oben in den
Bergen des Jemen auf 2300 m Seehöhe. Der Felsen,
Siedlungsformen
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Titel
- Jemen
- Untertitel
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 308
- Schlagwörter
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ägypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- Zurück entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix